Nikosia. Es ist wie verhext. Immer wieder laufen politisch brisante Themen in Zypern schief. Zuerst sagt der Zentralbankchef Hü, dann der Präsident Hott. Die Banken bleiben nun doch noch zu. Die Menschen in Zypern sind verunsichert - und wütend.

"Das kann nicht sein. Sind die verrückt geworden?", empört sich der Besitzer einer Bar an der zentralen Ledras-Straße im Zentrum der zyprischen Hauptstadt Nikosia am frühen Dienstagmorgen. Grund der Aufregung: Die Banken in Zypern bleiben geschlossen. Zentralbank und Finanzministerium nahmen eine wenige Stunden zuvor getroffene Entscheidung zurück, mehrere kleinere Banken am Dienstag zu öffnen. Nun sollen sie zusammen mit den großen Banken erst am Donnerstag ihre Schalter aufmachen. "Sehen sie es denn nicht ein, dass dieses Hin und Her nur noch mehr Verwirrung schafft?", schimpft Giannis Sophokleous, ein Hotelier in Nikosia.

In der Nacht zuvor soll es nach übereinstimmenden Berichten der zyprischen Presse einen ungewöhnlich lautstarken Streit im Präsidialgebäude gegeben haben. Präsident Nikos Anastasiades war gerade aus Brüssel zurückgekommen. Er kündigte an, es werde zum Schutz des Banksystems mittelfristig einige Einschränkungen im Kapitalverkehr geben. Details nannte er nicht.

Zentralbank Panikos verwirrt die Zyperer

Kurz darauf kündigte der Chef der Zentralbank, Panikos Demetriades an, am Dienstag würden zunächst die kleinen Banken öffnen. Und zur großen Verwunderung sollten laut einer Erklärung der Zentralbank auch keine Einschränkungen gelten. Eine Sprecherin der Bank forderte die Bürger auf, sich so zu verhalten, "als wäre nichts geschehen", um damit dem Banksystem der Insel das Vertrauen auszusprechen.

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Als nun Anastasiades vom Beschluss der Zentralbank erfuhr, soll er wütend geworden sein, berichteten die Medien am Dienstag. Er bestellte den Zentralbankchef in sein Büro. Anastasiades soll "außer sich" gewesen sein, so die größte zyprische Zeitung "Fileleftheros." Dass sich die beiden Männer nicht leiden können, ist in Nikosia bekannt. Der Vorname von Zentralbankchef Panikos Demetriades bewog das liberale zyprische Blatt "Politis" zum Wortspiel: "Panik-Attacke bei den Banken."

Unterdessen machten in Nikosia Gerüchte die Runde, nach denen Insider kurz vor der Schließung der Banken am 16. März große Summen von ihren Konten abgehoben haben sollen. Das Parlament will dies nun genau untersuchen. Und es kam noch schlimmer: Am Dienstag wurden Informationen bekannt, wonach auch nach der Schließung der Banken Gelder aus Zypern über Filialen im Ausland abgeflossen seien. Nach und nach entstand der Eindruck, die Regierung habe die Lage nicht ganz unter Kontrolle.

Viele Angestellte machen sich Sorgen

Der Markt auf der Insel droht, langsam zu ersticken: Nahezu alle Unternehmer haben nach anderthalb Wochen ohne Banken kein Geld, um Lieferanten und Personal zu bezahlen. Ein Hotelier beschreibt das Problem: "Fast alle meine Kunden zahlen mit ihrer Kreditkarte. Das Geld kommt aus dem Ausland, aber ich kann nicht ran." Jetzt könne er die Lieferanten wie den Bäcker nicht bezahlen.

Auch viele Angestellte machen sich Sorgen. Sie erwarten zum Monatsende ihr Gehalt. Doch ohne die Öffnung der Banken und des Online-Banksystems können die Gehälter nicht überwiesen werden. Die Tankstellen geben Sprit seit Tagen nur noch gegen Bargeld ab.

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Einigen Menschen blieb am Dienstag nichts anderes übrig, als in der kleinen Faneromeni-Kirche in der Altstadt von Zyperns Hauptstadt Nikosia Stoßgebete gen Himmel zu schicken: "Da wo wir angelangt sind, kann nur er (Gott) uns helfen", sagte eine Zyprerin. (dpa)