München. In drei Wochen beginnt der Terrorprozess um die NSU-Mordserie. Nun sind die Medien bekanntgegeben, die das Verfahren direkt im Saal verfolgen können. Türkische Medien aber sind offenbar nicht zugelassen. Kritik kommt von Journalisten und aus Reihen der Opposition in Berlin.

Das Oberlandesgericht München steht gut drei Wochen vor Beginn des NSU-Prozesses wegen seines Akkreditierungsverfahrens für Medienvertreter in der Kritik. Das Münchner Gericht hatte am Montag die Liste der für den NSU-Prozess akkreditierten Medien veröffentlicht. Türkische Medien bekommen demnach keinen garantierten Sitzplatz im Sitzungssaal A 101, in dem der Prozess am 17. April beginnen soll. Insgesamt vergab das Gericht 50 feste Presse-Plätze. Die entsprechenden Akkreditierungsgesuche wurden dabei nach Gerichtsangaben in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt.

Nach der Bekanntgabe der akkreditierten Medien forderte die Ombudsfrau der NSU-Opfer, Barbara John, auch für türkische Journalisten einen garantierten Zugang zu dem Verfahren. "Der Prozess wird nicht nur in der Türkei aufmerksam verfolgt", sagte John am Dienstag der Online-Ausgabe der "Mitteldeutschen Zeitung". "Auch viele Türkischstämmige in Deutschland lesen noch türkische Zeitungen oder schauen türkisches Fernsehen."

Daher sei es "nicht nur wünschenswert, sondern wichtig, dass sie Zutritt haben", unterstrich John. Sie verstehe das Akkreditierungsverfahren nicht und gehe auch davon aus, dass daran noch etwas geändert werde.

"Größtmöglicher kommunikativer Unfall mit vorheriger Ansage"

Die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen und Journalisten Union (dju), Cornelia Haß, sprach am Dienstag von einem "größtmöglichen kommunikativen und politischen Unfall mit vorheriger Ansage". "Nach den Pannen bei den Ermittlungen gegen den NSU darf sich die Bundesrepublik hier nicht ein weiteres Mal blamieren, sondern muss jetzt den Weg frei machen für eine lückenlose und freie Berichterstattung zu dem am 17. April beginnenden Prozess", forderte Haß.

Kritik gibt es auch vom Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde in Deutschland. Er will nicht hinnehmen, dass Journalisten türkischer Medien im NSU-Prozess keine garantierten Sitzplätze bekommen sollen. "Ich fordere das Gericht und auch die Politik auf, hier eine Lösung zu finden", sagte Kenan Kolat der "Berliner Zeitung". "Ich werde da nicht locker lassen."

Scharfe Kritik kommt aus Reihen der Opposition in Berlin

Die Justiz stelle sich schon vor dem NSU-Prozess ein "Armutszeugnis" aus, erklärte die Linken-Bundestagsabgeordnete Petra Pau in Berlin.

Die Grünen kritisieren das Vergabeverfahren für Journalistenplätze beim NSU-Prozess als unsensibel und unflexibel. Auch ausländische Medien müssten aus erster Hand aus dem Oberlandesgericht München berichten können, um internationale Transparenz herzustellen, sagte Grünen-Chef Cem Özdemir am Dienstag. Damit würde deutlich gemacht, dass Deutschland die Verbrechen detailliert aufkläre. Das Versagen der Sicherheitsbehörden bei der Aufklärung der NSU-Morde habe weltweit für Schlagzeilen gesorgt.

Als positives Beispiel nannte er die Verhandlung um den Amoklauf von Winnenden. Dort sei ein Verfahren angewandt worden, mit dem Plätze sowohl für Vertreter der örtlichen Medien als auch für ausländische Medien garantiert gewesen seien.

NSU-Mitglied Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer angeklagt

Das im November 2011 aufgeflogene Neonazi-Trio Nationalsozialistischer Untergrund wird für eine bundesweite Mordserie an neun Migranten und einer deutschen Polizistin verantwortlich gemacht. Acht Opfer hatten türkische Wurzeln. Auf das Konto des NSU soll auch der Nagelbombenanschlag in der überwiegend von Türken bewohnten Kölner Keupstraße aus dem Jahr 2004 gehen, bei dem 22 Menschen verletzt wurden. In dem Münchener Verfahren müssen sich das mutmaßliche NSU-Mitglied Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer verantworten. (dpa/afp)