Essen.. Der Wirtschaftswissenschaftler Bernd Lucke führt die „Alternative für Deutschland“. Die Partei-Neugründung sieht die Zypern-Krise als Chance: Jetzt könnte man eigentlich zeigen, dass ein geeintes Europa auch ohne den Euro möglich ist. Ein Interview.

Der Hamburger Wirtschaftswissenschaftler Bernd Lucke (50) führt die „Alternative für Deutschland“. Die Partei-Neugründung ist für ein geeintes Europa, aber gegen die Gemeinschaftswährung Euro. Mit Bernd Lucke sprach Dietmar Seher.
 

Was sind Ihre Ziele?

Bernd Lucke: Wir wollen den Euro als Währung auflösen. Er ist gescheitert. Er spaltet Europa, statt seine Einigung weiter zu bringen. Zum zweiten wollen wir, dass die Rettungspolitik aufhört, die für den Steuerzahler enorme Lasten nach sich zieht, wenn wir eines Tages den vollen Ausbruch dieser Krise haben. Es findet ja gerade eine große Umverteilung der Lasten statt von den Banken auf die Steuerzahler. Das ist illegitim.

Zypern ist da aktuell ein Beispiel?

Lucke: Das ist ja nur ein kleines Land. Es wird nicht viel geschehen, weil es wirtschaftlich unbedeutend ist. Es wäre aber der geeignete Ansatz, zu zeigen, wie ein Land geordnet aus dem Euro ausscheiden und durch Staatsinsolvenz entschuldet werden kann.

Von welchen Ländern, die einen ähnlichen Weg nehmen könnten, geht denn die größere Gefahr aus?

Lucke: Hoffnungslos verschuldet ist Griechenland. Jeder sagt hinter vorgehaltener Hand, dass ei­ne Staatspleite nicht zu vermeiden ist. Aber das wird bis nach den Bundestagswahlen verzögert.

„Akute Angst ist in Deutschland nicht gerechtfertigt“

Neue Umfragen besagen, dass die Hälfte der Bevölkerung Angst um ihre Spareinlagen hat. Teilen Sie diese Angst?

Lucke: Akute Angst ist in Deutschland nicht gerechtfertigt. Viel mehr Sorge bereitet uns aber, dass die EU-Regierungen in der Krise mit dem geltenden Recht sehr locker umgehen und die Regel außer Kraft setzen wollten, dass Spareinlagen bis 100.000 Euro vor dem Zugriff geschützt sind. Das schafft kein Vertrauen. Es stärkt Sorgen, dass dies in anderen Ländern auch der Fall sein könnte.

Wollen Sie schon bei der Bundestagswahl im nächsten Herbst antreten?

Lucke: Wir treten bei der Bundestagswahl an.

Wer würde Sie wählen?

Lucke: Zwischen 25 und 35 Prozent der Wähler können sich vorstellen, eine Partei zu wählen, die sich für die Auflösung des Euro-Gebietes einsetzt. Noch mehr Menschen sind besorgt über die Zahlungsverpflichtungen, die Deutschland eingeht. Das Potenzial ist ziemlich groß. Wir können durchaus in den zweistelligen Bereich vorstoßen.