Rom. .

Der Parteichef der italienischen Sozialdemokraten, Pier Luigi Bersani, soll versuchen, „so schnell wie möglich“ eine Regierung „mit sicherer parlamentarischer Unterstützung“ zu bilden. Damit hat ihn Staatschef Giorgio Napolitano gestern Abend formell beauftragt. Napolitano wies darauf hin, dass Bersani nach den Wahlen vor knapp vier Wochen die parlamentarisch stärkste Position „und die günstigsten Kontakte“ für die Regierungsbildung habe, auch wenn diese schwierig werde. Es handele sich vorerst auch nur um den „ersten Schritt“, fügte der Staatspräsident hinzu.

Der sozialdemokratische „Partito Democratico“ hat bei der Parlamentswahl nur einen halben Sieg errungen: Im Abgeordnetenhaus verfügt Bersanis Partei über 54 Prozent der Mandate, in der zweiten Parlamentskammer kommt sie lediglich auf 121 von 315 Sitzen; das reicht nicht, um die Auflagen der Verfassung zu erfüllen, nach denen die Regierung das Vertrauen in beiden Häusern des Parlaments haben muss. Bersani sagte, er werde sich „sofort an die Arbeit machen“.

Beppe Grillo bleibt beim „Nein“

Unterdessen hat der eigentliche Wahlsieger, Beppe Grillos „Fünf-Sterne-Bewegung“, ihr kategorisches Nein zu jedweder fest vereinbarten Koalition erneuert. Grillo selbst, der zwar nicht der Sitzverteilung, wohl aber den Wählerstimmen nach zur stärksten Kraft im Abgeordnetenhaus geworden ist, verlangte vom Staatspräsidenten den Auftrag zur Regierungsbildung. Im Parlament will seine Bewegung keiner Partei zur Regierung verhelfen, sondern lediglich einzelnen Projekten zustimmen, sofern sie mit dem eigenen Programm übereinstimmen. Staatspräsident Napolitano hingegen drängt auf eine „sichere Unterstützung“ und „eine Mehrheit in beiden Häusern des Parlaments“.

Napolitano erneuerte gestern „zur Rettung Italiens“ auch sein Drängen auf „weitreichende Absprachen“ zwischen den großen Parteien. Damit griff er eine Formulierung Berlusconis auf. So groß der Widerstand bei den Sozialdemokraten gegen einen Pakt mit Berlusconi ist – Parteichef Bersani schließt inzwischen nicht mehr aus, sich mit dessen Stimmen zum Regierungschef wählen zu lassen. Er will im Senat nun für eine „Regierung auf Zeit“ werben, die ein knappes und klar umrissenes Reformprogramm verwirklichen soll.

In nicht weit davon entfernter Weise hat Berlusconi zuletzt eine „Koalition der Verantwortung“ verlangt, die sich auf Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft konzentrieren solle. Eine solche Koalition könnte – da sich Grillo verweigert und Mario Montis „Bürgerwahl“ für eine parlamentarische Unterstützung zu schwach ist – rechnerisch nur aus Berlusconis „Volk der Freiheit“ und den Sozialdemokraten zu Stande kommen.

Zwei Ersatz-Lösungen

Sollte Bersani mit seinem Projekt scheitern, gibt es für Italien zwei Möglichkeiten. Die erste: der Staatspräsident sucht einen neuen Mario Monti, also einen überparteilichen „Technokraten“, der eine gänzlich parteienfreie Regierung bildet – einer solchen würde auch Grillo zustimmen, die etablierten Parteien eher weniger.

Die zweite Möglichkeit: Das Parlament wählt zuerst, wie spätestens bis Mitte Mai ohnehin nötig, einen neuen Staatspräsidenten, der als erste Amtshandlung Neuwahlen ausschreibt. Dies kann Napolitano selbst nicht mehr tun, da ein Staatspräsident in den letzten sechs Monaten seiner Amtszeit das Parlament nicht auflösen darf.