Hagen. . Soviel Andrang an den Unis war nie: Die Abiturienten des Jahrgangs 2013 müssen sich auf hohe Numerus-Clausus-Grenzen einstellen. Bochumer Schuldirektoren sprechen bereits von einer „verlorenen Generation.“ Und der Philogenverband erklärt die Schulzeitverkürzung für gescheitert.

Wenige Monate bevor gleich zwei Abi-Jahrgänge gleichzeitig in die NRW-Hochschulen drängen, äußern sich Schuleiter, Eltern und Schüler-Vertreter tief besorgt über die Perspektiven dieser jungen Menschen. Die Rektoren der Bochumer Gymnasien haben gemeinsam einen „Wutbrief“ an die NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) geschrieben. Sie berichten von großer Verunsicherung der Jugendlichen, sogar von einer „verlorenen Generation“. Die Schulleiter werfen Unis und Fachhochschulen „Abschottung“ vor. Es könne nicht sein, dass ein Abi-Schnitt von 2,0 nicht ausreiche, um einen Studienplatz zu bekommen.

Ilse Führer-Lehner von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sagte dieser Zeitung: „Wenn der Zugang zu den Universitäten durch NCs so begrenzt ist, dann ist das Abitur keine Allgemeine Hochschulreife mehr.“

Landes-Schülervertretung sieht ihre kritische Sicht bestätigt

Ähnlich kritisch meldet sich der Philologenverband NRW zu Wort. „5900 zusätzlichen Studienplätzen in diesem Jahr stehen rund 50 000 zusätzliche Studienbefähigte gegenüber“, rechnet Verbands-Chef Peter Silbernagel vor. Er zeichnet ein düsteres Bild: „Wenn es sich im Herbst herausstellt, dass die Schulabgänger mit Praktika, Work-and-Travel-Angeboten und dergleichen vertröstet werden, dann hat die Schulzeitverkürzung keinen Sinn gehabt.“ Ralf Leisner (Landeselternschaft Gymnasien) teilt die Befürchtungen der Bochumer Rektoren. Er glaubt aber, dass viele Schüler zunächst in ein „Überbrückungsjahr“ gingen, weil sie orientierungslos seien und nicht, weil Studienplätze fehlten.

Die Landes-Schülervertretung (LSV) sieht ihre kritische Sicht auf die Schulzeitverkürzung bestätigt. „Es gibt generelle Verunsicherung. Schüler fürchten, keinen Studienplatz zu bekommen“, sagte Berit Paul (LSV-Vorstand).

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Von Matthias Korfmann und Ingo Schmidt

Vor allem aber fehle den G8-Schülern „ein Jahr Entwicklungszeit“. Außerschulische Aktivitäten, zum Beispiel in Vereinen, seien wegen des hohen Lernaufwandes inzwischen kaum noch möglich.

Hochschulen sind zuversichtlich

Die Hochschulen beteuern, dem doppelten Abi-Jahrgang sogar mehr Plätze zu Verfügung zu stellen, als der Hochschulpakt vorsehe. An der Uni Duisburg-Essen stünden im kommenden Wintersemester 2500 zusätzliche Plätze in Bachelor-Studien zur Verfügung. Vereinbart waren nach Angaben der Uni nur 1300. Ähnliche Signale kommen von der TU Dortmund. An der Ruhr-Uni Bochum werde nur jeder fünfte Studienplatz allein nach dem NC vergeben.

„Eine schwache Zwei oder gute Drei im Abi reicht für die meisten Studiengänge völlig aus, um sofort einen Platz zu bekommen“, sagte Uta Wilkens, Prorektorin an der Ruhr-Uni Bochum.