Düsseldorf. .

Schmerzlich, aber verkraftbar – das war die diplomatische Formel, unter der die rot-grüne Landesregierung gestern ihren Tarifbeschluss den 221 000 Beamten und 173 000 Pensionären in NRW „verkaufte“. Ein Plan, der nur bedingt funktionierte: Sofort sprach die CDU von „Wortbruch“, und Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) schwante, dass das Spardiktat bei zehntausenden Lehrern, die bis Ende 2014 leer ausgehen, „Unzufriedenheit auslösen“ wird. Der Protest war absehbar. Aber Schuldenbremse und ausufernde Personalkosten lassen der Koalition keine Wahl.

Minister verzichten

So jedenfalls stellten es Löhrmann und Regierungschefin Hannelore Kraft (SPD) dar, als sie für die „soziale Staffelung“ im Tarifgefüge warben. Danach wird nur auf die unteren Besoldungsgruppen (bis A 10) das Tarifergebnis der Angestellten komplett übertragen. Der Mittelbau (A 11 und A 12) muss sich mit Lohnzuwächsen von je einem Prozent in den Jahren 2013 und 2014 zufrieden geben. Der höhere Dienst ab A 13 geht völlig leer aus – immerhin 98 600 aktive Beamte und 86 000 Pensionäre.

Wohl um die rohe Botschaft an viele Staatsdiener etwas zu mildern, übten sich Minister und Staatssekretäre in Bescheidenheit. Auch für sie werden die Bezüge nicht angehoben. SPD und Grüne, die den Tarifbeschluss einstimmig absegneten, wollen ebenfalls bis Ende 2014 auf jede Erhöhung der Abgeordneten-Diäten verzichten.

Um nicht weniger als 710 Millionen Euro, rechnete Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) vor, entlaste der Sparbeitrag der Beamten den Landeshaushalt allein im kommenden Jahr. Alternativ müssten 14 300 Stellen gestrichen werden. Doch Personalkürzung bei den Schulen lehnte Kraft erneut ab, denn bei der Polizei, im Strafvollzug, bei Hochschulen und vielen Landesbehörden werde schon heute viel Mehrarbeit geleistet. Auch ein Minus beim Weihnachts- und Urlaubsgeld oder den Pensionen kam für die Koalition so wenig infrage wie ein Beförderungsstopp oder längere Arbeitszeiten.

„Wir sparen auch bei den Personalmaßnahmen das Land nicht kaputt“, unterstrich Kraft ihr Credo – allerdings müsse man Zuwächse beschränken. Wie sich der Beschluss in Euro und Cent auswirkt, machte Walter-Borjans an einigen Beispielen klar: ein Polizeioberkommissar, der heute brutto 2965 Euro verdient, bekommt bis 2014 monatlich 166 Euro mehr; eine Justizmitarbeiterin mit einem Verdienst von 2305 Euro kann mit 129 Euro mehr rechnen; eine Studienrätin, die bisher 3968 Euro verdient, muss auf eine Erhöhung verzichten.

Empörte Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Der DGB warf der Regierung Kraft Vertrauensbruch vor und sprach von „Skandal“. Das vorgestellte Tarifmodell sei nicht mit den Gewerkschaften verhandelt worden, so Landeschef Andreas Meyer-Lauber, und schon jetzt leisteten die Beamten in NRW „einen hohen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung“. Der Gewerkschaftsboss verwies auf vergangene Nullrunden oder gekürzte Beihilfeleistungen, mit denen das Land jedes Jahr Milliarden Euro einspare.

„NRW geht keinen Sonderweg“

„Diese Heuchelei der Politik haben wir satt“, schimpfte auch Arnold Plickert, Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Wenn Banken in Griechenland zusammenbrechen oder Spekulanten sich die Taschen vollstopfen, tönte er, springe der deutsche Steuerzahler ein. Aber wenn es um die Bezahlung der eigenen Beschäftigten gehe, „sind plötzlich die Kassen leer“.

Doch Kraft hatte vorsorglich eine Liste mit Sparmaßnahmen anderer Bundesländer präsentiert. Danach will Baden-Württemberg 11 000 Stellen abbauen, Bayern 9000 Stellen. Rheinland-Pfalz habe entschieden, die Tariferhöhung für fünf Jahre auf je ein Prozent zu begrenzen. Krafts Fazit: „Nordrhein-Westfalen geht keinen Sonderweg.“