Berlin. Die SPD-Spitze berät abschließend ihr Wahlprogramm. Es enthält auch Korrekturen an der “Agenda 2010“. Die Reformen führten zwar zu einer Reduzierung der Arbeitslosigkeit, aber auch zu einer Ausweitung der Leiharbeit. Am Dienstag besucht Gerhard Schröder, der Urheber des Reformprojekts, die Fraktion.

Die SPD will ihren Frieden mit den Reformen der "Agenda 2010" machen, im Bundestagswahlprogramm aber auf Korrekturen besonders bei Leiharbeit und Bezahlung pochen. "Wir können sehr stolz auf die Agenda 2010 sein", sagte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel dem Nachrichtenportal "Spiegel online".

Am 14. März 2003 hatte der damalige Kanzler Gerhard Schröder im Bundestag das Reformpaket der rot-grünen Regierung vorgestellt, mit dem unter anderem Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammengelegt wurden.

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Die Reformen führten zwar zu einer deutlichen Reduzierung der Arbeitslosigkeit, aber auch zu einer Ausweitung der Leiharbeit. Die SPD will im Falle eines Wahlsieges gleiche Bezahlung für Leih- und Stammarbeiter sowie einen Mindestlohn von 8,50 Euro durchsetzen.

Anhebung des Spitzensteuersatzes und Solidarrente

Der Parteivorstand wollte das über 100 Seiten umfassende Wahlprogramm am Montag abschließend beraten. Am 14. April soll es in Augsburg von einem Parteitag beschlossen werden. Es sieht auch eine Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 49 Prozent und eine Mietpreisbremse (maximal zehn Prozent Plus bei Neuvermietungen) sowie eine Solidarrente von 850 Euro für Geringverdiener vor. Mehr Regulierung soll die Risiken für Steuerzahler bei Banken-Schieflagen mindern.

Die SPD will im Bundestagswahlkampf auch einen zu starken Lobbyisten-Einfluss auf die Politik thematisieren: "Wir brauchen endlich ein Lobbyregister im Bundestag", sagte Gabriel. Auch der Einsatz von externen Beratern in Bundesministerien müsse transparenter werden. Dazu wolle die SPD eine "legislative Fußspur" einführen, aus der klar hervorginge, welchen Beitrag externe Berater bei der Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs geleistet haben. Außerdem müsse die Bürgerbeteiligung gestärkt werden, betonte der Parteichef.

Gerhard Schröder hält die "Agenda 2010" für einen Erfolg

Zum zehnten Jahrestag von Schröders "Agenda"-Rede hatte die Partei- und Fraktionsspitze am Wochenende eine Interview-Offensive gestartet und die positiven Effekte für Arbeitsmarkt und Wettbewerbsfähigkeit betont.

Schröder will am Dienstag erstmals seit seinem Ausscheiden aus der Politik wieder eine SPD-Fraktionssitzung besuchen. Offizieller Anlass ist allerdings der 10. Jahrestag des Irak-Krieges, an dem sich Deutschland nicht beteiligt hatte.

Der Altkanzler zog in der "Bild"-Zeitung eine positive Bilanz seiner Sozialreformen. "Man sieht ja jetzt: Deutschland ist besser durch die Krise gekommen als alle anderen europäischen Länder." Generalsekretärin Andrea Nahles übte im ZDF aber auch Kritik. "Im Kern hat uns die Agenda 2010 vorangebracht. Trotzdem gab es einige Übertreibungen, zum Beispiel bei der Deregulierung der Leiharbeit."

Gabriel sagte, die Reform sei mehr als Hartz IV. "Die Agenda 2010 war das erste große Ganztagsschulprogramm in Deutschland, der Durchbruch bei den erneuerbaren Energien, der Ausbau der Investitionen in Forschung und Entwicklung." (dpa)