London. .

US-Militärberater sollen im Irak-Krieg mit Wissen der Bush-Regierung Foltercamps für Aufständische geführt und Todesgeschwader angeleitet haben. Dieses düstere Kapitel haben jetzt britische Journalisten des Guardian und der BBC aufgedeckt. Sie zitieren Zeugen, die gesehen haben, wie hochdekorierte US-Veteranen über lange Zeit in berüchtigten Befragungslagern ein- und ausgegangen sind.

Zentrale Figur der Enthüllungen ist Kommandeur James Steele, ein pensionierter Kriegsveteran, der schon in Vietnam und El Salvador Aufstände gegen US-Soldaten bekämpft hat. Seine Spezialität: Informationsbeschaffung bei gefangen genommen Guerilleros. 2003 wurde er nach dem Report der britischen Journalisten erstmals im Irak gesehen. „Er wurde uns als Energie-Berater vorgestellt“, erinnert sich Jerry Burke in der Dokumentation.

Burke, US-Polizist im Ruhestand, sollte die rund 3000 irakischen Sicherheitskräfte in moderner Polizeiarbeit schulen. Zu dem Zeitpunkt ging die Regierung unter US-Präsident George W. Bush noch davon aus, im Irak eine friedliche Demokratie schaffen zu können – ein Plan, der zu scheitern drohte, als Anschläge und Selbstmordattentate von Widerständlern zunahmen. Die Zahl der getöteten US-Soldaten gefährdete zunehmend auch die Wiederwahl von George W. Bush 2004.

Steele, direkt eingesetzt von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, sollte eine Eskalation der Lage verhindern. Eine Spezialpolizei wurde eingerichtet, die ihr Personal aus Milizen der Schiiten rekrutierte – eine Gruppe, die mit den aufständischen Sympathisanten des gestürzten Saddam Hussein nur zu gern offene Rechnungen begleichen wollte. Tausende Verdächtige wurden von ihnen in über ein Dutzend US-finanzierte Gefängnisse geschleppt.

„Dort wurde gemordet und gefoltert, und zwar auf eine so hässliche Weise, wie es ich nie zuvor gesehen habe“, berichtet Munthadar al-Samari, damaliger irakischer General, den Enthüllungsjournalisten. Kommandeur James Steele, der seine Memos direkt an Rumsfeld abschickte, sei mit Samari dort ständig ein und aus gegangen. „Er hatte Zugang zu all diesen Geheimgefängnissen“, so der General, „er wusste, was dort passiert.“

Die von ihm aufgebaute Spezialeinheit mit mehr als 5000 Polizisten überschritt nicht nur in den Gefängnissen die Grenze – sie war von der Bevölkerung auch als mobiles Todesgeschwader gefürchtet. „Jeder wusste von der Folter, die hier passierte, aber es hat keinen gekümmert“, berichtet Armeesanitäter Neil Smith über die Zustände in Samarra. Auch General David Petraeus, höchster US-Befehlshaber und Vertrauter aus Steeles Zeiten in El Salvador, soll von der Folter gewusst und sie nicht unterbunden haben.

Keine Konsequenzen

James Steele lebt heute wieder in den USA, wo er als Redner zum Thema Guerillakrieg arbeitet. Äußern wollte er sich in dem 50-Minuten-Film nicht zum Thema. Konsequenzen dürften die Enthüllungen in Washington keine haben: Rumsfeld und George W. Bush sind heute Privatiers – genau wie General Petraeus, der vergangenes Jahr über eine vergleichsweise harmlose Sex-Affäre stolperte.