Essen. .

Schüler, die nicht zum Unterricht kommen, hat es immer schon gegeben. Dass gesunde Lehrer der Schule fernbleiben, ist ungewöhnlich. Aber genau dies geschieht gerade in NRW. Tausende angestellte Lehrer gehen lieber ins Streiklokal als in die Schule. Sie fühlen sich von ihren Arbeitgebern, der Tarifgemeinschaft der Länder, ungerecht behandelt.

Dürfen Lehrer streiken?

Streikende Lehrer gelten noch immer als etwas Besonderes. Über die Frage, ob verbeamtete Lehrer streiken dürfen, streiten sich die Experten. Die Dienstherren bestreiten dies vehement. Richter hoben allerdings schon Sanktionen gegen streikende Beamte auf. In dieser Auseinandersetzung geht es aber vor allem um die angestellten Pädagogen. Von ihnen gibt es immer mehr. 40 000 der 180 000 Lehrer in NRW sind angestellt, etwa 8000 Angestellte gehören einer Gewerkschaft an.

Warum streiken die Lehrer?

Es geht um die Bezahlung, aber auch darum, dass verbeamtete Lehrer in vielerlei Hinsicht besser gestellt sind als ihre Kollegen, die nach dem Tarifvertrag der Länder (TVL) entlohnt werden. Jörg Bohmann vom Philologenverband NRW rechnet das am eigenen Beispiel vor. Er ist angestellt und unterrichtet an einem Gymnasium in Niederkassel Deutsch, Erdkunde und Sport. Seine Frau Jutta, Beamtin, lehrt Deutsch und Französisch an einem Gymnasium in Troisdorf. „Brutto verdienen wir ungefähr das Gleiche. Diesen Brutto-Vergleich bemühen auch die Arbeitgeber immer wieder. Aber weil Angestellte ganz andere Beiträge, zum Beispiel für die Arbeitslosen- und Rentenversicherung, zahlen müssen, habe ich rund 600 Euro netto weniger.“ Damit nicht genug. Die Rente angestellter Lehrer fällt niedriger aus als die Pension der Beamten. Und bei der Absicherung im Krankheitsfall sind Beamte ebenfalls besser gestellt. Die Gewerkschaften fordern in dem Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes 6,5 Prozent mehr Geld.

Gibt es weitere Forderungen?

Ja, die nach einem bundesweit einheitlichen Tarif für Lehrer. Der Schuldienst ist der einzige Bereich im öffentlichen Dienst, in dem keine einheitlichen Eingruppierungsregeln gelten. Es gibt Unterschiede zwischen Ost und West und zwischen den einzelnen Ländern.

Folgen die Lehrer dem Aufruf?

Es ist ihnen gestern jedenfalls gelungen, Nadelstiche zu setzen. 800 Lehrer haben nach Angaben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gestern im Regierungsbezirk Arnsberg gestreikt. 800 von 7000 angestellten Lehrern an 1200 öffentlichen Schulen. Die GEW ist mit der Streikbeteiligung zufrieden. Mit 150 Kollegen hatte Volker Maibaum von der GEW Dortmund im Streiklokal gerechnet. „Viele sind nur befristet beschäftigt. Die haben Angst zu streiken“, sagte er. Gekommen aber waren doch 350. Nicht nur aus Dortmund, sondern auch Hagen, dem Ennepe-Ruhr-Kreis, dem Märkischen Kreis und dem Hochsauerland. 150 Streikende verzeichnete man in Unna. 75 Lehrer hatten sich in Siegen in die Listen eingetragen - von insgesamt 180 Gewerkschaftsmitgliedern im Landkreis. Beim letzten Streik, vor zwei Jahren, waren es 55. Und vor sechs Jahren, als man erstmals im Ausstand war, da kamen gerade einmal vier, erinnert sich Streikleiter Dieter Granzow.

Was sagen die Arbeitgeber zu diesem Konflikt?

Ein Gehalts-Plus von 6,5 Prozent im öffentlichen Dienst würde die Länder-Haushalte mit 2,2 Milliarden Euro belasten, rechnet der Vorsitzende der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), Sachsen-Anhalts Finanzminister Jens Bullerjahn, vor. Haushaltskonsolidierung sei mit solchen Forderungen unmöglich.