Die Gasförderung aus tiefen Gesteinsschichten soll künftig in Deutschland unter strengen Vorgaben möglich sein. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) einigten sich auf Regelungen zum sogenannten Fracking, wie aus einem gemeinsamen Brief beider Ressortchefs vom Montag an die Bundestagsfraktionen hervorgeht.

Berlin (dapd). Die Gasförderung aus tiefen Gesteinsschichten soll künftig in Deutschland unter strengen Vorgaben möglich sein. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) einigten sich auf Regelungen zum sogenannten Fracking, wie aus einem gemeinsamen Brief beider Ressortchefs vom Montag an die Bundestagsfraktionen hervorgeht. Die Verordnung soll noch vor der Sommerpause in Kraft treten. SPD und Grüne kritisierten den Vorstoß scharf.

Bei der Fracking-Methode wird ein Gemisch aus Sand, Wasser und Chemikalien in das Gestein gepresst, um es aufzubrechen und das Gas freizusetzen. In den USA wird das Verfahren seit 1982 angewandt und hat dort zu niedrigeren Energiepreisen sowie einem Boom der Energiewirtschaft geführt. Die Vereinigten Staaten sind vom Gasimporteur zum -exporteur geworden.

In Deutschland gibt es laut Umweltbundesamt ein Potenzial von 1,3 Billionen Kubikmetern Erdgas in sogenannten unkonventionellen Schichten, vor allem also Schiefer, Granit und Ton. Damit könnte der Erdgasbedarf der nächsten 13 Jahre gedeckt werden. Altmaier und Rösler sprechen in ihrem Papier sogar von 2,3 Billionen Kubikmetern Erdgas. "Gemessen am bundesdeutschen Jahreserdgasverbrauch von rund 86 Milliarden Kubikmetern ist diese Energieressource als sehr bedeutsam einzustufen", heißt es in dem Papier.

Regierung will Umweltschutz im Auge behalten

Nach Ansicht von Umweltverbänden und auch einzelnen Bundesländern birgt die Methode allerdings unvorhersehbare Umweltgefahren. Der Kompromiss sieht daher nun eine Umweltverträglichkeitsprüfung und ein klares Verbot zur Förderung in Trinkwasserschutzgebieten vor, die nach Angaben des Umweltbundesamtes 14 Prozent der gesamten Fläche in Deutschland ausmachen.

Altmaier bezeichnete den Gesetzentwurf am Dienstag als "wichtiges Signal", "dass wir ernst machen mit dem Schutz der Umwelt". "Es gibt Fragen und Bereiche, wo der Umweltschutz und die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen Vorrang haben müssen vor wirtschaftlichem Interesse", betonte er.

Rösler verwies darauf, dass die Industrie angekündigt habe, umweltfreundliche Fracking-Methoden zu entwickeln. Das biete eine gute Zukunftsperspektive, "auch wenn wir die tatsächlichen Fortschritte zunächst abwarten sollten". "Fracking bietet erhebliche Chancen, wir müssen aber immer mögliche Auswirkungen auf die Umwelt im Auge haben", betonte er.

SPD und Grüne sprechen von "Wahlbetrug" und "Show"

Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) zeigte sich offen für eine Einigung der Länder mit der Bundesregierung. Entscheidend seien drei Aspekte, nämlich "kein Fracking in Wasserschutzgebieten, die Forderung nach einer verpflichtenden Umweltverträglichkeitsprüfung und kein Einsatz von giftigen Chemikalien". In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen gibt es die größten Schiefergas-Vorkommen.

SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber Kritisierte den Vorstoß indes als "unverantwortlich". Angesichts des Überangebots von Erdgas auf dem europäischen Markt sei Fracking "völlig überflüssig, da damit auch keine Preissenkung erreicht wird". Zugleich warf er der Koalition Wahlbetrug vor, da CDU und FDP vor der Landtagswahl in Niedersachsen den Eindruck erweckt hätten, dass sie den Einsatz von Chemikalien ablehnen.

Auch die Grünen kritisierten die Einigung. "Der Ausschluss von Trinkwasserschutzgebieten ist nicht mehr als eine Show nach dem Motto: 'Wir tun etwas'", sagte der Sprecher für Energiewirtschaft der Grünen-Bundestagsfraktion, Oliver Krischer, am Dienstag in Berlin. Im Umkehrschluss bedeute dies nichts anderes, "als dass auf über 80 Prozent der Landesfläche in Deutschland gefrackt werden darf". Dadurch werde kein einziges Projekt eingeschränkt, "weil die Gaskonzerne sich von vornherein andere Standorte suchen". Das sei wie ein Verbot von Skifahren in der Sahara.

dapd