Essen.

Bill Gates nahm Chicken. Warren Buffett wählte Burger. Betont bodenständig war das Essen im Flughafenrestaurant von Omaha, als die beiden reichsten Männer der Vereinigten Staaten 2009 eine revolutionäre Idee zur gemeinsamen ­Sache machten: Milliardäre dieser Welt sollten freiwillig mindestens die Hälfte ihres Vermögens einem guten Zweck zukommen lassen. Oh­ne jede vertragliche Bindung, aber gebunden durch eine vertrauenswürdige Zusage in die Runde.

Spenden für Potsdam

109 der rund 1500 Superreichen des Globus’, meist Amerikaner, haben die Zusage bisher gegeben. Seit gestern ist der erste Deutsche im Club „The Giving Pledge“ dabei: Hasso Plattner (69), Gründer und Aufsichtsratschef des badischen Softwarekonzerns SAP. Sein Vermögen wird auf 5,4 Milliarden Euro geschätzt. Plattner ist schon heute als Spender in der Wissenschafts- und Kulturförderung bekannt.

Regelmäßig bedenkt der gebürtige Berliner Potsdam. Mit 20 Millionen Euro aus ei­gener Tasche finanzierte er den Umbau des Stadtschlosses, Sitz des Bran­denburger Landtags. Als Stifter unterstützt er das Plattner-Institut für Softwaretechnik an der Uni Potsdam, schleust Geld in die Mannheimer Hochschule, finanziert in Südafrika den Kampf gegen Aids mit; Höhepunkt war 2005 das Be­nefizkonzert an der Seite von Nelson Mandela.

Plattner will sich mit dem Beitritt zum „Giving Pledge“ dafür bedanken, dass er kostenlos an der Karlsruher Universität studieren konnte. „Ohne Frage war das die Grundlage meines persönlichen Erfolgs“, schreibt er im Brief an die Vereinsführung mit Blick auf den Aufbau des führenden Softwareanbieters mit weltweit 65 000 Mitar­beitern. Und dann: „Ich möchte der Gesellschaft etwas zurückgeben.“

Wohin die Milliardenspenden fließen werden? Das lässt er offen. Nach den Regeln des Milliardärsclubs könnten sie auch nach dem Tod abgeführt oder weltweit verteilt werden. Aber der Tenor des Briefes des neuntreichsten Deutschen deutet auf Empfänger in der Heimat. Wählt er eine gemeinnützige Institution in Deutschland oder innerhalb der EU, könnte sogar der Staat mit im Boot sein – dann, wenn Plattner die Spende von der Steuer absetzt.

53 Milliardäre leben in Deutschland. Bleibt der SAP-Gründer ein Einzelfall? Oder wird das Gates/Buffet-Modell auch hier klappen?

Traditionell sind die Menschen in der Bundesrepublik spendenfreudig. Rund fünf Milliarden Euro fließen jährlich für den „guten Zweck“. Das meiste kommt von Normal­verdienern, einiges von der „armen Witwe“. Doch auch der Hamburger Reeder Peter Krämer, einer der 60 Millionäre, die für die Besteuerung hoher Vermögen eintreten und der für Afrika spendet, sagte in einem Rundfunkinterview: „Wir haben ­al­les. Wir kriegen alles. Wir kriegen auch Dinge, die überflüssig sind.“

Manchmal kommt die Gabe verdeckt. Im sächsischen Görlitz hat zum 17. Mal ein reicher Unbekannter genau 511 500 Euro verteilt, insgesamt 8,7 Millionen Euro für die Baudenkmäler in der Stadt. In Braunschweig bedenkt ein Mister X Einrichtungen und Verbände, die im Laufe eines Jahres im Lokalteil der Braunschweiger Zeitung als bedürftig oder wohltuend dargestellt wurden. Dann liegen 10 000 Euro im Briefkasten. Ohne Absender.

Eine andere Tradition

Dennoch ist die Tradition, sein Vermögen öffentlichkeitswirksam zu spenden, eher amerikanisch als deutsch. Der Leiter des Deutschen Stiftungszentrums in Essen, Erich Steinsdörfer, der Plattners Spendenbereitschaft „eindrucksvoll“ nennt, erklärt das so: „Jeder, der Erfolg hat, ist in den USA dazu verpflichtet, der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Reichtum wird nicht versteckt. Finanzieller Erfolg wird mit Selbstverständlichkeit gezeigt und man kann darin einen Teil eines Selbstverständnisses erkennen, das nicht zuletzt aus der religiösen Verankerung der frühen Einwanderer nach Amerika herrührt.“

Gleichzeitig seien dort Spenden ein Mittel, mit dem man Ziele befördern könne, „die man als wichtig erachtet – nicht immer uneigennützig, manchmal zur Befriedigung der ei­genen Eitelkeit oder auch zur Förderung des sozialen Aufstiegs – die Motive sind vielfältig, was dort aber niemand verdächtig findet“.

Das soziale Ethos äußere sich in Deutschland anders, sagt Steinsdörfer: „Unzählige Unternehmer haben Stiftungen gegründet. In den letzten 15 Jahren wurde die Hälfte neu errichtet.“

Die Zahl wuchs 2012 auf 19 551.