Brüssel. .
EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta freut sich über eine nahende Weltpremiere. „Nun kann eine Börsensteuer in der EU Wirklichkeit werden – als weltweit erste regionale Finanztransaktionssteuer, in elf EU-Staaten“, jubelte er gestern über die Internet-Kurznachrichtenplattform Twitter. Kurz zuvor hatte Semeta Vorschläge gemacht, wie Wertpapier-Geschäfte ab 2014 möglichst breit besteuert werden können – zunächst in einem Teil Europas. Jährlich dürfte die neue Steuer Erlöse von 30 bis 35 Milliarden Euro einbringen. Das Geld solle in die EU- und die Staats-Kassen fließen, regt die Kommission an.
Was kommt auf die Bürger zu?
Bürger müssen nach EU-Angaben nicht fürchten, dass ihre normalen Bank-Geschäfte künftig besteuert werden. Von der Finanztransaktionssteuer ausgenommen sind Verbraucher- und Unternehmens-Kredite, Versicherungsverträge oder Spargelder. Doch ganz ungeschoren kommen Verbraucher eventuell nicht davon. Möglich, ist dass die Finanzbranche einen Teil der neuen Steuerlast auf die Kunden abwälzt. Zugleich sollen Pensionsfonds künftig Finanztransaktionssteuern zahlen. Sie seien wichtige Akteure an den Finanzmärkten und konkurrierten mit anderen Investmentfonds, betont die EU-Kommission. Wie stark ein Pensionsfonds von der geplanten Steuer getroffen werde, hänge davon ab, wie er das ihm anvertraute Geld anlege. Im Allgemeinen investierten solche Fonds in Anleihen und in andere Vermögenswerte, die nicht von der geplanten Börsensteuer betroffen seien, zum Beispiel in Gold oder Immobilien. Weniger entspannt sehen Wirtschaftsverbände das Vorhaben: „Die Kosten für Versicherer, Pensionsfonds oder andere Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung steigen wegen der zusätzlichen Steuerbelastung und führen zu geringeren Erträgen.“
Warum wollen die Europäer die Steuer?
Sie möchten die Finanzbranche an den Kosten der jüngsten Weltwirtschaftskrise angemessen beteiligen. Die spekulationsfreudige Branche habe die Turbulenzen zwar mit ausgelöst, erklärt die EU-Kommission. Doch die Kosten zur Rettung von Europas Banken hätten vor allem Bürger und Staaten getragen. Damit soll Schluss sein.
Machen alle mit?
Nein, nur elf der 27 EU-Staaten. Der größte EU-Staat Deutschland zieht mit, ebenso Belgien, Estland, Frankreich, Österreich, die Slowakei und Slowenien. Auch die Euro-Sorgenstaaten Griechenland, Italien, Portugal und Spanien wollen die gemeinsame Finanztransaktionssteuer.
Was soll besteuert werden?
Möglichst viele Finanzinstrumente, die in Europa gehandelt werden. Für Geschäfte mit Aktien und Anleihen (Schuldverschreibungen) sollen ab nächstem Jahr 0,1 Prozent Steuern fällig werden. Für Derivate – das sind spezielle Finanzprodukte – ist ein Steuersatz von 0,01 Prozent vorgesehen.