Hagen. .
Er war nach rund 500 Jahren der erste Deutsche auf dem Stuhl Petri – und er war sicher nicht unumstritten. Doch wer folgt ihm nach?
Schon als Kardinal war Joseph Ratzinger, geboren am 16. April 1927 in oberbayrischen Marktl, bekannt für seine strikten theologischen Positionen. Kritiker gaben ihm deshalb den bösen Beinamen „Rottweiler Gottes“. Sie warfen ihm vor, er habe die Uhr der Reformen in der Kirche um mindestens ein halbes Jahrhundert zurückgedreht.
Regensburger Rede
Außerdem habe er dem Dialog mit Juden, Muslimen und anderen Christen geschadet. Sie sahen sich bestätigt, als Benedikt 2006 in einer Rede an der Universität Regensburg einen byzantinischen Kaiser mit der Einschätzung zitierte, der Islam habe nur Schlechtes gebracht und sei mit dem Schwert verbreitet worden. In Teilen der muslimischen Welt war dies als Hasspredigt verurteilt worden und hatte zu gewaltsamen Übergriffen auf Christen und Kirchen geführt.
Spekulationen laufen schon
Seine Anhänger dagegen feierten Benedikt XVI. dafür, dass er die traditionelle katholische Identität bekräftigte. Er ließ die Heilige Messe nach altem lateinischen Ritus wieder zu, gab sich unnachgiebig in Sachen Sexualmoral und Verhütung. Die Protestanten verprellte er mit einer schroffen Absage an mehr Ökumene.
Reichlich Arbeit also für Benedikts Nachfolger. Doch wer folgt ihm auf dem Heiligen Stuhl? Die Spekulationen um den künftigen Papst haben bereits begonnen.
Zwei Namen häufiger genannt
Schon nach dem Tod von Benedikts Vorgänger Johannes Paul II. wurde spekuliert, die Zeit sei reif für einen Papst aus Afrika oder Südamerika – zwei Kontinente, auf denen die Katholische Kirche noch wächst und nicht, wie in weiten Teilen Europas, auf dem Rückzug ist.
Zwei Afrikaner sind immer mal wieder genannt worden, wenn es um die Nachfolge auf dem Stuhl Petri ging. Kardinal Peter Turkson (64) aus Ghana ist so ein Kandidat, aber auch der Nigerianer Francis Arinze. Er könne es sich gut vorstellen, dass erstmals ein Afrikaner Papst werde, hatte selbst Benedikt einmal gesagt.
Fast häufiger noch war auch schon zu hören, die wachsende lateinamerikanische Kirche müsse den nächsten Pontifex stellen. Da fällt Beobachtern sofort der Name des Erzbischofs von Sao Paulo in Brasilien, Kardinal Otto Scherer, ein. Doch auch der Kanadier Marc Ouellet aus Quebec hat sich in Rom profiliert.
Italiener melden Ansprüche an
Aber auch die italienische Fraktion unter den Kardinälen meldet nach dem Polen Wojtyla und dem Deutschen Ratzinger Ansprüche auf den Papst-Stuhl an. Der Mailänder Erzbischof Angelo Scola wäre so ein „nationaler“ Kandidat, etwas weniger der – umstrittene – „Regierungschef“ Benedikts, Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone.
Und wie stehen die Chancen der Deutschen? In Kirchenkreisen gilt es als sehr unwahrscheinlich, dass Benedikt XVI. durch einen Landsmann ersetzt wird. Allerdings: Benedikt war Chef der vatikanischen Glaubenskongregation, als er 2005 zum Papst gewählt wurde. Auch der heutige Leiter der Kongregation ist ein Deutscher – Erzbischof Gerhard Ludwig Müller.
Wie auch immer: Das Konklave, wohl Mitte März, dürfte lange dauern – weil es nach 35 Jahren die Gesamtära Johannes Paul II. und Benedikt XVI. abschließt und über den künftigen Kurs der katholischen Kirche entscheiden muss. Und das immer noch in geistig und räumlich nächster Nähe zu einem trotz aller Erschöpfung hellwachen, weiterlebenden Papst.
Wie das gehen soll, das muss selbst die katholische Kirche erst noch lernen.