Berlin. .

Es ist eine schier endlose Geschichte: Seit etwa 20 Jahren gibt es gegen Gregor Gysi Vorwürfe, wonach er angeblich mit der DDR-Staatssicherheit zusammengearbeitet haben soll. Nun droht dem Fraktionschef der Linken sieben Monate vor der Bundestagswahl erneut Ungemach. Laut „Welt am Sonntag“ ermittelt die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen den Linken-Frontmann. Es besteht der Verdacht, dass der 65-Jährige über sein Verhältnis zur Stasi an Eides statt gelogen haben könnte. Bereits am 31. Januar soll der Immunitätsausschuss im Bundestag der Justiz grünes Licht für die Prüfung des Falls gegeben haben. Denn grundsätzlich genießen Abgeordnete Immunität, um ihre politische Unabhängigkeit zu schützen.

Im konkreten Fall geht es um eine NDR-Dokumentation, die sich mit den mutmaßlichen Stasi-Kontakten Gysis befasst. Der Linksfraktionschef hatte sich 2011 gegen deren Ausstrahlung gewehrt und eidesstattlich versichert, „zu keinem Zeitpunkt über Mandanten oder sonst jemanden wissentlich und willentlich an die Staatssicherheit“ berichtet zu haben. Diese Aussage könnte falsch sein, wie die „Welt am Sonntag“ mit Blick auf Dokumente aus der Stasi-Unterlagenbehörde andeutet. Demnach geht aus einem Vermerk des Ministeriums für Staatssicherheit hervor, dass Gysi am 16. Februar 1989 zwei Stasi-Offizieren ausführlich über ein Interview mit zwei Spiegel-Korrespondenten berichtet haben soll.

Gysi wehrte sich am Wochenende vehement gegen die Vorwürfe. „Selbstverständlich wird das Verfahren wie damals eingestellt werden, da ich niemals eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben habe“, teilte er über Facebook mit.

Die Stasi-Vorwürfe begleiten den Spitzenmann der Linken nun schon durch seine ganze politische Laufbahn in der Bundesrepublik. Seit den 70er Jahren hatte Gysi als Anwalt in der DDR viele Regime-Kritiker vertreten, darunter Rudolf Bahro und Rolf Havemann. Immer wieder wurde spekuliert, dass Gysi beispielsweise unter dem Decknamen „IM Notar“ Informationen an die Stasi weitergegeben haben könnte. 1998 kam der Immunitätsausschuss in einem Abschlussbericht zwar zu dem Schluss, dass dem wohl so war. Doch Gysi wehrte sich gegen die Spitzel-Beschuldigungen vor Gericht mit Erfolg.

Achtköpfiges Spitzenteam

Sieben Monate vor der Bundestagswahl kommen die neuen Vorwürfe zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Gysi gehört zum achtköpfigen Spitzenteam der Linken und ist als Wahlkampf-Zugpferd praktisch unersetzbar. Parteichef Bernd Riexinger stellte daher schon einmal klar, was aus seiner Sicht hinter den Ermittlungen steckt: „Schmutziger Wahlkampf.“ Sollte die Staatsanwaltschaft den Linken-Politiker aber der Falschaussage überführen, droht Gysi eine Geldstrafe oder der Freiheitsentzug bis zu drei Jahren.