Berlin. Der Rücktritt von Bundesbildungsministerin Annette Schavan war unvermeidbar. Die Wissenschaft hätte sie mit aberkanntem Doktortitel auch nicht mehr ernst genommen. Aber auch für Bundeskanzlerin Angela Merkel ist dies ein bitterer Tag. Sie verliert mit Schavan eine Vertraute. Ein Kommentar.

Der Rücktritt von Annette Schavan ist tragisch. Die Merkel-Vertraute ist eine der anerkanntesten Bildungspolitikerin des Landes. Sogar die Opposition hat die 57-Jährige geschätzt. Nicht einmal böse Zungen behaupteten, dass Schavan bei ihrer Doktorarbeit so dreist abgeschrieben hat wie Karl-Theodor zu Guttenberg.

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In einem anderen Ministerium hätte sie womöglich ihren Stuhl retten können. Doch für die oberste Bildungspolitikerin der Republik gelten zu Recht höhere Maßstäbe an das eigene wissenschaftliche Arbeiten. Verschärfend kommt hinzu, dass Schavan mit zu Guttenbergs Dissertation seinerzeit gnadenlos ins Gericht gegangen ist.

So war ihr Rücktritt unvermeidbar. Als Wissenschaftsministerin, die gegen eine Uni klagen will, wäre sie nicht tragbar gewesen. Die Wissenschaft hätte Schavan mit aberkanntem Doktortitel auch nicht mehr ernst genommen. Sie wäre im Wahlkampf ein politischer Pflegefall und eine Gefahr für die Kanzlerin gewesen.

Für Merkel ist der heutige Tag ohne Zweifel ein ganz bitterer. Sie verliert mit Schavan eine Vertraute, die ihr über Jahre loyal zur Seite gestanden hat. Wie sehr die Kanzlerin Schavan schätzt, davon zeugen auch ihre Worte zum Rücktritt. So viel Lob für eine Person hört man selten aus Merkels Mund.

Wanka ist aus fachlicher Sicht die beste Wahl

Mit Johanna Wanka als Nachfolgerin hat Merkel aus fachlichen Gesichtspunkten die best mögliche Wahl getroffen. Als Professorin, ehemalige Hochschulleiterin, und Kultusministerin von Brandenburg und Niedersachsen sie kennt den Wissenschafts- und Politikbetrieb aus dem Effeff. Für die CDU-Landesverbände aus Baden-Württemberg und NRW dürfte die Entscheidung dagegen bitter sein, weil sie bei der Nachfolge nicht berücksichtigt wurden.

In den verbleibenden Monaten bis zur Wahl wird Wanke keine großen Schwerpunkte mehr setzen können. Sie sollte aber versuchen, einheitliche Standards für die Überprüfung von Dissertationen anzuregen. Das muss eine Lehre aus der Causa Schavan sein. Ein einheitliches Prüfverfahren hätte ihr vielleicht nicht die akademischen Weihen gerettet, wohl aber ein quälend langes Prüfverfahren erspart.