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Sie prangern Fälscher an – und bleiben selbst oft im Verborgenen; sie decken die dunklen Seiten der Wissenschaft auf, müssen aber keine Akademiker sein; sie legen sich mit Promis an – und stürzen sie ins Jammertal: Plagiatsjäger. Moderne Helden scheinen sie zu sein, ausgerüstet mit digitalen Waffen. Doch was sind das für Menschen? Was treibt sie an? Warum wollen sie Abschreibern und Moglern das Handwerk legen?

Fragen, die tief in die menschliche Psyche führen. Manfred Schmitt, Experte für Persönlichkeitspsychologie an der Uni Koblenz-Landau, erkennt unterschiedliche Motive bei Plagiatsjägern.

Typ 1: der Eitle. „Manche haben das Bedürfnis, sich und anderen die eigene Kompetenz zu beweisen. Sie wollen zeigen, dass sie mit modernen technischen Möglichkeiten wichtige Menschen überführen können“, so Schmitt.

Typ 2: der Moralist. Er verspürt keine persönliche Eitelkeit. „Er hat einen moralischen Auftrag, will Betrug verhindern oder anprangern. Der eigene Name ist dabei egal. Grundlage ist die Überzeugung, dass man verhindern kann, dass die Welt schlechter wird.“

Typ 3: der Rächer. Schmitt: „Er hat persönlich Ungerechtigkeit erlebt und verspürt das Bedürfnis nach Rache. Da hat zum Beispiel einer erlebt, dass ein anderer Vorteile hatte, obwohl er diese Vorteile gar nicht verdient.“ Nicht selten mischten sich die Motive.

Der typische Jäger ist männlich, um die 40 Jahre alt und Forscher

Stefan Weber, ist der wohl bekannteste Plagiatsjäger in Österreich. Er sagt, fast immer stehe wissenschaftliches Interesse hinter der Jagd. Seine Zunft beschreibt er so: „Männlich, um die 40, Wissenschaftler, aber in der Regel kein Professor.“ Weber zufolge sind Plagiatsjäger Menschen, die ungewöhnlich viel Zeit haben und oft aus dem „PC-Bereich“ kommen.

„Plagiatsjäger sind Forscher“, bestätigt Debora Weber-Wulff, Aktivistin bei VroniPlag und Medieninformatikerin an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. „Plagiatsjagd ist eine Puzzlearbeit, sie weckt den Ehrgeiz von Forschern. Wissenschaftler haben einfach Spaß daran, einer komplizierten Fragestellung nachzugehen“, erklärt sie. Akademische Weihen brauche man aber nicht dafür. Plagiate aufspüren könne jeder.

Es gibt Plagiatsjäger, die sich schlicht berufen fühlen. „Der liebe Gott hat es so gewollt“, sagt Martin Heidingsfelder, Gründer des Internetportals VroniPlag Wiki, wenn man ihn fragt, wie er zum Plagiatsjäger geworden sei. Denn eigentlich habe er sich Anfang 2011 nur anschauen wollen, wie die Suche nach Plagiaten in der Doktorarbeit von Karl-Theodor zu Guttenberg vorangeht. „Doch dann bin ich selbst fündig geworden und war gleich angefixt“, erinnert sich Heidingsfelder.

Mittlerweile hat der „Wissenschaftsdetektiv“, wie er sich selbst nennt, das Aufdecken von Plagiaten zu seinem Beruf gemacht – oder besser: zur Berufung. Es entspreche seiner Neigung, „bei anderen Leuten Fehler zu finden“. Netter Nebeneffekt: Mit der Plagiate-Jagd kann er Geld verdienen.

Dass er heute selbstständig unterwegs ist, hat aber noch einen anderen Grund: Er hatte sich offenbar mit den Kollegen auf VroniPlag überworfen. Im November 2011 soll er vom Wiki ausgeschlossen worden sein. Unter anderem wegen „unüberprüfter Beschuldigungen“ und dem Versuch, „das Wiki politisch zu instrumentalisieren“, wie ein Mitglied von VroniPlag Wiki behauptet, das unter dem Pseudonym Dr. Martin Klicken arbeitet.

In der Plagiatsjäger-Branche herrscht viel Missgunst

100 wissenschaftliche Arbeiten überprüft Heidingsfelder jetzt pro Jahr. Dass hinter den Aufträgen zum Teil auch „weniger ehrenvolle Motive“ stecken könnten, gibt er zu – genauso wie sein finanzielles Interesse. Letztlich gehe es aber darum, Unehrlichkeit zu bekämpfen.