Die Abgeordneten des Bundestags sind uneins in der Frage, ob das Parlament sich mit einem eigenen NPD-Verbotsantrags den Bundesländern anschließen soll. Dies wurde in einer Debatte am Freitag deutlich. Vor allem Unions-Politiker äußerten sich skeptisch.

Berlin (dapd). Die Abgeordneten des Bundestags sind uneins in der Frage, ob das Parlament sich mit einem eigenen NPD-Verbotsantrags den Bundesländern anschließen soll. Dies wurde in einer Debatte am Freitag deutlich. Vor allem Unions-Politiker äußerten sich skeptisch.

2003 war ein Verbotsantrag gescheitert, den Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat angestrengt hatten, weil im Beweismaterial auch Äußerungen von NPD-Mitgliedern zitiert wurden, die zugleich für den Verfassungsschutz arbeiteten. Die Bundesländer stützen ihren neuen Verbotsantrag auf eine Datensammlung ohne Material solcher V-Leute. Die Bundesregierung will bis Ende März entscheiden, ob sie einen eigenen Verbotsantrag stellt.

In der Bundestagsdebatte forderte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann, dass der Innenausschuss das vorliegende Material sichtet und bewertet sowie dem Bundestag eine Empfehlung ausspricht. Seine Fraktion hat einen entsprechenden Antrag vorgelegt. Oppermann sagte, die NPD sei klar eine "verfassungsfeindliche Partei", sie sei antisemitisch, ausländerfeindlich, in Teilen gewaltbereit und antidemokratisch. Dass sie nicht in der Lage sei, "den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden", liege "auf der Hand". Die Demokratie in Deutschland sei zwar "stark genug, eine verfassungsfeindliche NPD auszuhalten, die Opfer dieser Partei sind es nicht".

Oppermann zeigte sich zuversichtlich, dass sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein Verbot aussprechen würden. Es sei nicht denkbar, dass die Menschenrechtskonvention eine Partei schütze, deren ausgesprochenes Ziel es sei, Menschenrechtsverletzungen zu begehen. Der Bundestag müsse nun in der Frage, ob er einen Verbotsantrag stellen werde, "Haltung annehmen" - ebenso wie die Bundesregierung. Sie dürfe sich vor einer solchen Entscheidung nicht drücken.

Scheitern in Karlsruhe wäre "verheerend"

Für die Union warnte Franz-Josef Jung vor einem übereilten Vorgehen. Gründlichkeit müsse vor Schnelligkeit gehen, denn ein Misserfolg eines Verfahrens wäre das Schlimmste, was passieren könne. Die Frage, ob das Material, das in einem Verfahren vorgelegt werde, "V-Leute-befreit" sei, könne nur die Bundesregierung beantworten, sagte der CDU-Politiker. Deshalb plädiere er dafür, deren Antwort abzuwarten.

Sein Fraktionskollege Hans-Peter Uhl (CSU) warnte vor einem aus seiner Sicht nicht unwahrscheinlichen Scheitern eines Verbotsverfahrens. Er sagte in einem dapd-Interview, es wäre "verheerend", würden Bundesverfassungsgericht oder der EGMR den Verbotsantrag ablehnen und "damit der NPD ungewollt ein Gütesiegel der Verfassungsmäßigkeit aussprechen".

Der FDP-Innenexperte Hartfrid Wolf hat "keine Zweifel", dass die NPD verfassungsfeindlich ist. Er stellte aber die Frage, ob ein Verbotsverfahren nicht "unnötige Aufmerksamkeit" auf eine Partei lenken würde, die sich in der Entwicklung ihrer Finanzen und Mitglieder längst "im Niedergang" befinde. Mit dem "schlichten Verbot" einer Partei könne man zudem eine Gesinnung nicht verbieten.

Bundestag und Regierung sollen sich nicht "wegducken"

Für die Linke warf die Innenpolitikerin Ulla Jelpke der SPD einen "billigen Profilierungsversuch zum aufziehenden Wahljahr" vor, auch wenn sie das Anliegen eines Verbotsverfahrens teile. Die Prüfung des Materials laufe seit langem. Der Grünen-Abgeordnete Wolfgang Wieland sagte, die NPD sei auch wegen ihres "gewalttätigen, arbeitsteiligen Vorgehens" mit der freien Szene so gefährlich, dies gehe "bis in den NSU hinein". Die Mitglieder der Terrorzelle hätten NPD-Material geklebt und die Veranstaltungen der Partei besucht. Trotz sinkender Mitgliederzahlen und Finanzkraft übe die NPD Terror aus. Auch verwies Wieland auf Überfälle auf Homosexuelle oder Migranten. Der Bundestag sei "verpflichtet", sich eine Meinung zu bilden. "Enthalten geht da nicht", mahnte Wieland.

Auch mehrere Innenminister aus den Ländern erhöhten den Druck auf die Regierung. So sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) in der Debatte, es werde "aber auch Zeit", dass der Bundestag zur Frage eines Verbotsverfahrens berate. Bliebe die Bundesregierung bei ihrem Zögern, wäre das ein "verheerendes Signal". Es wäre "ein Armutszeugnis für das Land", wenn sich zwei Verfassungsorgane in einem Verbotsverfahren "wegducken" würden. Ein Verbot der Partei werde ihre Strukturen zerschlagen und ihr die Basis entziehen. Er erwarte von Bundestag und Regierung, dass sie den Antrag der Länder unterstützen, "weil uns das unsere Demokratie wert sein sollte."

Auch Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) ist optimistisch, was die Aussichten eines Verbotsverfahrens betrifft. Er sagte am Freitag in einem dapd-Gespräch, die Innenminister der Länder hätten ein Papier erarbeitet, das den gesetzlichen Maßstäben standhalte. Es sei gefährlich, sich darauf zu verlassen, dass sich das Problem mit der finanziell geschwächten NPD von allein löse. Es gehe um das Verbot einer Partei mit menschenverachtender und heimatfeindlicher Ideologie. Man dürfe nicht vergessen, dass die NPD noch im Landtag und in allen Kreistagen in Sachsen vertreten sei. "Es ist für mich unerträglich, dass sie dafür auch noch Steuergelder erhält", sagte Ulbig.

dapd