Es geht um Kleinstädte wie Geithain, Beeskow oder Eberswalde. Sie sind Schauplätze von Geschichten, in denen eine couragierte Bürgermeisterin, ein vietnamesischer Händler oder ein gegen Neonazis engagierter Linker die Hauptrollen spielen. Die Protagonisten eint eines: Weil sie nicht in das Weltbild von Rechtsextremisten passen, wurden sie zum Ziel von Hass und zum Teil brutaler Übergriffe.

Dresden (dapd-lsc). Es geht um Kleinstädte wie Geithain, Beeskow oder Eberswalde. Sie sind Schauplätze von Geschichten, in denen eine couragierte Bürgermeisterin, ein vietnamesischer Händler oder ein gegen Neonazis engagierter Linker die Hauptrollen spielen. Die Protagonisten eint eines: Weil sie nicht in das Weltbild von Rechtsextremisten passen, wurden sie zum Ziel von Hass und zum Teil brutaler Übergriffe.

Der amerikanische Fotograf Sean Gallup suchte seit 2007 viele Opfer von Naziattacken auf, darunter Kommunalpolitiker, Zuwanderer und Aktive der Zivilgesellschaft. Er porträtierte sie, dokumentierte ihre Geschichte und setzte auch Todesopfern ein Denkmal. Zudem suchte Gallup Aussteiger aus der rechten Szene auf und einen bekennenden Neonazi. Das Miliärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden stellt seine Fotos nun ab Freitagabend erstmals vor.

In einer Sonderausstellung zeigt es gut zwei Dutzend großformatige Fotografien unter dem Titel "Rechtsextreme Gewalt in Deutschland 1990 - 2013". Die Porträtierten sind oft vor einem Hintergrund zu sehen, der etwas über sie zeigt: Ein Mann vor seinem mit Farbbeuteln beworfenem Haus.

Gallup beruft sich auf die amerikanische Tradition der Berichterstattung. Bei großen Themen werde sie "von unten" aufgebaut, in diesem Fall also aus Sicht der Opfer und der Täter.

In der deutschen Berichterstattung sei hingegen oft wichtig, was Politiker oder andere Prominente zu bestimmten Themen sagten, betont er. Das Museum, das sich allen Facetten der Gewaltgeschichte widmet, blickt mit der Sonderausstellung auch auf das diesjährige Kriegsgedenken in Dresden um den 13. Februar. Seit Jahren nutzen Neonazis das Datum für sogenannte "Trauermärsche". Die Aufzüge galten vor Jahren noch als die größte Veranstaltung der rechten Szene in Deutschland. "Länger hätten wir mit der Ausstellung nicht warten können", sagt Kurator Gorch Pieken.

Auch dass parallel eine große Sonderausstellung zur Schlacht um Stalingrad vor 70 Jahren gezeigt wird, sei kein Zufall. Beide Ausstellungen führen vereint vor, welches Unheil der Nationalsozialismus einst anrichtete und wie die Ideologie noch immer fortlebt.

Gallup, der in Deutschland für die Bilderagentur Getty Images arbeitet, spricht beim Rechtsextremismus von einem "gesamtdeutschen Phänomen". Es gehe nicht nur um den Osten. Er berichtet, dass er zu vielen Porträtierten Kontakt aufnahm, nachdem er über die Medien von ihnen erfahren hatte. Verbindung zu abtrünnigen Neonazis vermittelte ihm das sächsische Aussteigerprojekt "ad acta". Der dortige Sozialarbeiter Michael Ankele sagt, dass er Gallup 2009 kennenlernte. "Ich war von seinem Projekt begeistert".

Ankele hebt hervor, dass die Porträtsammlung eben nicht so einseitig sei, da auch die Täterseite eine Rolle spiele. Gerade wenn über Aussteiger öffentlich berichtet werde, reagiere die rechtsextreme Szene sehr wütend. Die ersten 15 Fotogeschichten entstanden zwischen 2007 und 2009. Dann habe das Projekt eine Weile geruht, sagte Gallup. Im Frühling 2012 nahm er die Arbeit für sechs weitere Porträts auf. Er wollte die Ereignisse um die Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund in seine Serie aufnehmen.

So porträtierte Gallup Angehörige bei der offiziellen Trauerfeier für die NSU-Opfer. Ob die Ausstellung noch an anderen Orten gezeigt wird, ist offen. "Ich hoffe, sie entwickelt sich zu einer Wanderausstellung", sagt der Fotograf.

dapd