Düsseldorf. . SPD, Grüne und Piraten befürworten bei Nebenverdiensten von Abgeordneten eine Offenheit ab dem ersten Euro. CDU und FDP warnen vor zu großer Transparenz und den Folgen für Selbstständige.

Der Düsseldorfer Landtag wird ein Stück transparenter. Nach massiver Kritik sollen die 237 Abgeordneten über ihre Nebeneinkünfte, die bisher als geheime Verschlusssache behandelt werden, demnächst Rechenschaft gegenüber dem Wähler ablegen. Das wurde bei der Experten-Anhörung klar. SPD, Grüne und Piraten befürworten die Offenlegung „vom ersten Euro an“. Verfassungsrechtliche Bedenken gibt es aus Sicht namhafter Fachleute nicht.

Doppelberuf - ein Privileg mit verschärfter Kontrolle

„Die Zulassung eines Doppelberufs ist ein großes Privileg“, sagte der Parteienforscher Hans Herbert von Arnim. Daran dürfe auch nicht gerüttelt werden. Allerdings müssten sich vollalimentierte Landtagsabgeordnete im Gegenzug verschärfte Kontrollregeln gefallen lassen, zumal sie durch ihr Mandat weniger belastet seien als ihre Kollegen im Bundestag. Von Arnim forderte auch, Spenden an Abgeordnete und bezahlte Lobbytätigkeit zu verbieten.

Im NRW-Parlament betragen die monatlichen Diäten 10 726 Euro brutto. Extra-Verdienste aus Nebentätigkeiten müssen erst ab jährlich 12 000 Euro der Präsidentin gemeldet werden. Sie werden aber nicht veröffentlicht. Jeder vierte Abgeordnete hat einen Nebenjob. Mehrere Experten wie der frühere NRW-Innenminister Burkhard Hirsch (FDP) nahmen die Bundestagsregelung als Richtschnur. Dort müssen in einem Stufenmodell die Bezüge für jede Tätigkeit offengelegt werden, sobald sie 1000 Euro pro Monat oder 10 000 Euro im Jahr übersteigen.

Es geht um die Vermeidung des Korruptionsverdachts

Die Freiheit des Mandats werde durch mehr Transparenz nicht ausgehöhlt, sondern gestärkt, so Hirsch. „Es geht um die Vermeidung von Korruptionsverdacht“, befand der Bielefelder Rechtswissenschaftler Christoph Gusy. Nach Ansicht von „Transparency International“, das sich dem Kampf gegen Korruption verschrieben hat, wirken durchschaubare Regelungen „Manipulationen“ sowie dem schwindenden Vertrauen in die Politik entgegen.

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Bei der Gesetzesreform solle der Landtag nicht auf den Bundestag warten, der seine Vorschriften für Nebentätigkeiten ebenfalls verschärfen will, so Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Sigrid Beer. Umstritten sind Details. Für die Piraten verlangte Michele Marsching, dass die Abgeordneten auch Rechenschaft ablegen sollen über den zeitlichen Aufwand ihrer Nebenjobs. Dies ist bei den Piraten bereits Praxis.

Probleme für Freiberufler

Auch „Bagatellgrenzen“ für die Offenlegung der Nebeneinkünfte schlugen einige Wissenschaftler vor. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Marc Herter sagte, ihm sei ein Gesetz mit möglichst wenig Ausnahmen für einzelne Berufsgruppen wichtiger als eine Veröffentlichung auf Euro und Cent. Damit zielte er auf Freiberufler wie Ärzte oder Rechtsanwälte, die nach Ansicht von CDU und FDP vor negativen Folgen bewahrt werden müssen.

Da Daten über Patienten oder Mandanten nicht an die Öffentlichkeit kommen dürften, meinte auch der Bonner Rechtsprofessor Klaus Gärditz, hätten bestimmte Berufe Anspruch auf „Geheimnisschutz“. Dem widersprach Staatsrechtler Martin Morlok (Uni Düsseldorf) . Trotz der geltenden Transparenzregeln im Bundestag seien dort „überproportional viele Rechtsanwälte“ vertreten.