Bundesbildungsministerin Annette Schavan kämpft um ihre politische Karriere und ihren Ruf als Wissenschaftlerin: Die CDU-Politikerin hat erneut Vorwürfe zurückgewiesen, sie habe in ihrer 1980 verfassten Doktorarbeit abgeschrieben oder Quellen nicht korrekt angegeben. “Ich bin davon überzeugt, dass die unbegründeten Plagiatsvorwürfe ausgeräumt werden“, erklärte die CDU-Politikerin in Berlin.
Berlin/Düsseldorf (dapd). Bundesbildungsministerin Annette Schavan kämpft um ihre politische Karriere und ihren Ruf als Wissenschaftlerin: Die CDU-Politikerin hat erneut Vorwürfe zurückgewiesen, sie habe in ihrer 1980 verfassten Doktorarbeit abgeschrieben oder Quellen nicht korrekt angegeben. "Ich bin davon überzeugt, dass die unbegründeten Plagiatsvorwürfe ausgeräumt werden", erklärte die CDU-Politikerin am Mittwoch in Berlin.
Am Vorabend hatte die Philosophische Fakultät der Universität Düsseldorf ein Prüfverfahren eingeleitet, an dessen Ende die Aberkennung ihres Doktortitels stehen könnte. Den Stein ins Rollen gebracht hatte im Mai ein anonymer Blogger. Die Dissertation trägt den Titel "Person und Gewissen".
Aus Sicht der Grünen muss Schavan zurücktreten, wenn die Universität ihr den Doktorgrad aberkennt. "Wenn Annette Schavan der Doktortitel aberkannt werden würde, wäre ihr Verbleib im Amt ein Bärendienst an der Wissenschaft", sagte Parteichefin Claudia Roth der "Welt". Bereits das eingeleitete Verfahren belaste Schavans Glaubwürdigkeit und schade dem Ansehen des Wissenschaftsstandortes Deutschland.
Schavan erklärte zum weiteren Verfahren: "Ich gehe davon aus, dass mit der Eröffnung eines ergebnisoffenen Verfahrens jetzt auch verbunden ist, externe Fachgutachten einzuholen." Sie habe in den acht Monaten seit Bekanntwerden mit vielen Fachwissenschaftlern eingehend über die Plagiatsvorwürfe gesprochen. "Die intensive Beschäftigung mit dem Text meiner Dissertation - auch im Zusammenhang mit meiner schriftlichen Stellungnahme zu der Ausarbeitung des Vorsitzenden des Promotionsausschusses - bestärken mich in meiner Überzeugung, dass meine Dissertation kein Plagiat ist", erklärte sie.
Der Rat der Philosophischen Fakultät hatte die Entscheidung am Dienstag mit 14 Ja-Stimmen bei einer Enthaltung getroffen. Dekan Bruno Bleckmann stellte klar, dass am Ende nicht automatisch der Verlust des Doktortitels steht, sondern das Verfahren ergebnisoffen ist. In den nächsten Wochen würden sich alle Mitglieder des Fakultätsrates "intensiv" mit den Unterlagen sowie Schavans Stellungnahme befassen. Für den 5. Februar wurde eine weitere Sitzung einberufen.
"Es gilt die Unschuldsvermutung"
Die wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Krista Sager, sagte im Deutschlandfunk, plagiieren sei in der Wissenschaft kein Kavaliersdelikt. Dass nun der Fakultätsrat ein förmliches Verfahren einleite, sei "ein gravierender Hinweis", dass die Vorwürfe offenbar Substanz hätten.
Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Kretschmer, forderte - wie auch Schavan -, dass sich die Universität externen Expertenrat holt. Die Kritik aus der Wissenschaft am bisherigen Vorgehen müsse beachtet werden. FDP-Bildungsexperte Patrick Meinhardt mahnte Fairness und ein geordnetes Verfahren an. "Bis zum Abschluss der Prüfung gilt die Unschuldsvermutung."
Die Bildungsexpertin der Linke-Bundestagsfraktion, Petra Sitte, erklärte: "In der Bildungs- und Forschungspolitik stehen in dieser Legislaturperiode noch wichtige Entscheidungen an, die eine angeschlagene Ministerin kaum glaubwürdig vorbereiten und diskutieren kann." Das Aberkennungsverfahren sollte nicht zu lange dauern, verlangte sie. "Die monatelange Hängepartie um die Ministerin hilft niemandem."
Der Vorsitzende der SPD in Schleswig-Holstein, Ralf Stegner, sagte, das Problem für Schavan sei ihre sehr kritische Stellungnahme zum Plagiatsfall des Ex-Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg. "Das holt sie jetzt ein", sagte er dem "Handelsblatt". "Für eine Wissenschaftsministerin müssen im Übrigen in dieser Frage die höchsten Standards gelten, nicht die niedrigsten. Insofern sieht es schlecht für sie aus."
Schavan will erneut in den Bundestag
Ungeachtet der Plagiatsaffäre will Schavan in diesem Jahr erneut in den Bundestag. Am Freitag wählt der CDU-Kreisverband Alb-Donau/Ulm seinen Kandidaten für die Bundestagswahl und Schavan will erneut antreten. Sie vertritt seit 2005 den Wahlkreis im Bundestag. Der Kreisverband steht nach eigenen Worten hinter ihr.
Schavan trägt auch den Professorentitel: Seit dem Wintersemester 2009/2010 lehrt die 57-Jährige als Honorarprofessorin für Katholische Theologie an der Freien Universität Berlin.
Im Blog "Schavanplag" heißt es: "Insgesamt gibt es 97 Seiten im Haupttext der Dissertation von Seite 11 bis 335, auf denen Übernahmen aus 45 Quellen nicht oder nicht ausreichend kenntlich gemacht werden." Bedeutendste Plagiatsquelle sei die Habilitationsschrift des polnischen Franziskaners Antoni Jozafat Nowak mit 21 Fragmenten.
(der Blog: http://schavanplag.wordpress.com/ )
dapd