Essen. Ein schwarzer Po mit weißer Hand bringt den Grünen ungefähr so viel Ärger wie Aufmerksamkeit ein, in Sprockhövel hängt die CDU ihre eigenen Wahlplakate wieder ab, weil sie das Stadtbild verschandeln. Die Wahlplakat-Metropole Ruhr unter der Lupe des Kommunikationsdesign-Experten.
Die Wahlwerbung am Straßenrand sticht zur Zeit wieder jedem ins Auge, so oder so. Und zumindest einen Zweck erfüllt diese Invasion der Plakate: Keiner kann nachher sagen, er hätte von den Wahlen nichts gewusst! Über den Erkenntnisgewinn und die Qualität der Werbeoffensive allerdings lässt sich trefflich streiten, und so soll an dieser Stelle in den nächsten Wochen die Wahlplakat-Metropole-Ruhr unter die Lupe genommen werden.
Viele meist unbekannte Köpfe teilen uns da an jedem Laternenmast mit, wie sie heißen und welcher Partei sie angehören. Natürlich garniert mit ein paar Schlagworten, ohne die es nur ein Passbild und kein Wahlplakat wäre. So erfährt der umworbene Wähler dann, dass der Kandidat „ehrlich und engagiert”, „erfahren und kompetent”, „klug, mutig, sozial”, „menschlich, stark, zuverlässig”, „engagiert und bürgernah” ist.
Angeber unerwünscht
Da stellt sich schnell die Frage, ob diese Eigenschaften für einen Politiker nicht Grundvoraussetzung sein sollten. Oder würden Sie einem unehrlichen, unerfahrenen, inkompetenten, dummen, feigen, asozialen, unmenschlichen und unzuverlässigen Kandidaten ihre Stimme geben?
Es gibt eine Werberegel die lautet: „Niemand mag einen Angeber”. Überprüfen Sie deren Wahrheitsgehalt doch einfach beim nächsten Vorstellungsgespräch und probieren sie es mit den Worten: „Guten Tag, ich heiße Erika Müller und ich bin menschlich, stark, zuverlässig, ehrlich und kompetent.” Ob Sie so Sympathiepunkte sammeln scheint zumindest fraglich.
Einer der „100 Tipps für Texter” des Werbezeilen-Gurus Reinhard Siemes lautet: „Wenn Du nichts zu sagen hast, sage es wenigstens lustig”. Aber mit Humor tut sich die Wahlwerbung sogar noch schwerer als mit der Wahrheit. Ausgenommen natürlich der unfreiwillige Humor und mit dem soll diese Kolumne schließen. In Recklinghausen kann man gerade sehr schön sehen, warum PC und Laminiermaschine allein noch keinen Mediengestalter oder Werbetexter ersetzen können.