Paris. . Frankreichs Präsident François Hollande schickt Streitkräfte nach Westafrika, um den Vormarsch islamistischer Kämpfer zu bremsen. Wird Mali das neue Afghanistan? Schon starb der erste französische Soldat und die Islamisten drohen ihrerseits mit Terroranschlägen in Frankreich.

Nicolas Sarkozy hatte seinen Krieg in Libyen, nun hat der sozialistische Nachfolger François Hollande seinen in Mali. Nur: Das unpopuläre Wort Krieg sucht der Staatschef, der zugleich Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist, tunlichst zu umgehen. Stattdessen spricht er lieber von „Mission“ oder „Operation“. Nachdem Hollande am Wochenende im Elysée-Palast den Nationalen Verteidigungsrat einberufen hatte, nannte er später in einer Fernsehansprache die Kriegsziele. In der „Operation Serval“ („Luchs“) gehe es „um den Schutz eines befreundeten Landes und um den Kampf gegen den Terrorismus“.

Das westafrikanische Mali, das einst zum französischen Kolonialreich gehörte, zählt zu den ärmsten Staaten der Welt. Trotzdem gelang dem Land ein politisches Kunststück: Es avancierte in den vergangenen zwei Jahrzehnten zum demokratischen Musterknaben Afrikas.

Doch das Beispiel Mali zeigt gleichzeitig, wie schnell ein Land kippen kann. Nicht einmal ein Jahr brauchten die islamistischen Rebellen, um den gesamten Norden, der größer ist als Frankreich, unter ihre Kontrolle zu bekommen.

Franzosen warnen vor einem neuen Afghanistan

Zuerst brachten sie Städte wie Gao, Kidal und das an Kunstschätzen reiche Timbuktu unter ihre Kontrolle. Nun wollen sie den Rest des 15 Millionen Einwohner zählenden Landes einschließlich der wichtigen Hauptstadt unterwerfen. „Dann entstünde mitten in Afrika ein neues Afghanistan“, zitiert die Zeitung „Le Parisien“ einen besorgten Offiziellen in Paris.

Das will Hollande verhindern. Das erste Etappenziel seiner Mali-Strategie hat er erreicht: Französischen Truppen ist es am Wochenende in Mali gelungen, den Vormarsch islamistischer „Gotteskrieger“ auf die Hauptstadt Bamako zu stoppen. Die strategisch wichtige Stadt Konna, die erst am Donnerstag in die Hände der Aufständischen gefallen war, ist nur 48 Stunden später zurückerobert worden.

Mali ist Rückzugsraum für El Kaida

Den Verlust von mehr als hundert Kämpfern erwiderten die islamistischen Rebellen mit wütenden Drohungen gegen Frankreich. „Wir schicken euch und eure Kinder in Hölle“, erklärten sie in einer Videobotschaft. Daraufhin erhöhte die Regierung in Paris landesweit die Sicherheitsmaßnahmen auf Bahnhöfen, in Flughäfen und öffentlichen Gebäuden.

Ein komfortabler Rückzugsraum für „Gotteskrieger“ ist das riesige Land zwischen Sahara und Sahel schon seit längerem. Das Operationsgebiet der Organisation „El Kaida des Islamischen Maghreb“, die zu den gefährlichsten Terrorgruppen der Welt zählt, reicht vom Tschad über Niger bis nach Mauretanien, Algerien und Libyen.

Unterstützt werden die El-Kaida-Kämpfer von fanatischen Tuareg-Milizen, die sich „Ansar Dine“ nennen und im Norden Malis bereits die Scharia, das islamische Recht, ausgerufen haben. Im Norden müssen Frauen seitdem wieder Schleier tragen, Pop-Musik und Alkohol sind verboten, Dieben wird die rechte Hand abgehackt.

Die Rebellen erstarkten, als Gaddafi stürzte

Fernsehbilder vermitteln leicht den Eindruck von einem ungleichen Kampf, der jetzt in Mali tobt. Von einem Krieg, in dem die exzellent ausgerüsteten Soldaten der Atommacht Frankreich auf hoffnungslos unterlegene Rebellen treffen. Doch der Eindruck täuscht: Tatsächlich verfügen die El-Kaida-Kämpfer, die seit Ende des Libyen-Krieges von schwer bewaffneten Gaddafi-Söldnern un­terstützt werden, sogar über Luftabwehr-Raketen.

Die Franzosen setzten am Wochenende mit Mirage- und Rafale-Jets pausenlos ihre Luftangriffe gegen die rund 1200 Rebellen fort. Am Boden sind mehrere Hundert französische Elitesoldaten im Einsatz. Überschattet wurden die Erfolgsmeldungen vom Tod eines französischen Offiziers. Der Hubschrauberpilot zog sich gleich beim ersten Kampfeinsatz tödliche Verletzungen zu.