Bangui. . Die Rebellenallianz „Séléka“ gewinnt immer mehr Terrain in der Zentralafrikanischen Republik. Deshalb hat Staatspräsident François Bozizé Frankreich und USA um Hilfe gebeten. Das Land im Herzen Afrikas, doppelt so groß wie Italien, hat seit seiner Unabhängigkeit 1960 zahlreiche Umstürze erlebt.

Mit einem flehentlichen Appell hat François Bozizé, Präsident der Zentralafrikanischen Republik, gestern die „Cousins“ Frankreich und die USA um Hilfe gebeten. Seit gut zwei Wochen ist das Regime durch den Vormarsch der neuen Rebellenallianz „Séléka“ bedroht, die im Norden und Nordosten immer mehr Terrain gewinnt. Frankreichs Präsident François Hollande hatte zuvor beteuert, in der ehemaligen Kolonie nur „unsere Bürger und unsere Interessen zu schützen“, nicht aber das Regime: „Diese Zeiten sind vorbei.“

Die zentralafrikanische Republik im Herzen Afrikas, mehr als doppelt so groß wie Italien, aber nur von rund fünf Millionen Menschen bewohnt, hat seit der Unabhängigkeit 1960 viele Umstürze, Putsche und die Schreckensherrschaft des kannibalischen Kaisers Jean-Bédel Bokassa erlebt. Seit Jahren operieren hier ein halbes Dutzend inländische und mindestens zwei ausländische Milizen. Die Regierung von Präsident Bozizé, 2003 mithilfe Frankreichs durch Putsch an die Macht gekommen, hatte zwischen 2007 und 2011 Friedensabkommen mit diversen Rebellenführern geschlossen. Nach einem Nationalen Dialog 2008 war ein Programm zur Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration mit dem englischen Kürzel DDR in Kraft getreten. 400 Soldaten und 150 Polizisten der EU-finanzierten Mission MICOPAX sollen den DDR-Prozess überwachen.

Frustration über den Friedensprozess

Erst im Mai war die Auflösung zweier Rebellengruppen vermeldet worden: der etwa 7000 Mann starken Armée populaire pour la restauration de la démocratie (APRD) und der kleineren Union des forces républicaines (UFR). Im August wurde auch die Convention des patriotes pour la justice et al paix (CPJP) in das Programm integriert. Im Oktober begann die Repatriierung von etwa 3000 Rebellen der Front Populaire pour le Redressement (FPR) aus dem benachbarten Tschad, der die Zentralafrikanische Republik seit 2008 als Basis diente.

Doch die Kassen des DDR-Programms sind seit Ende 2011 leer, versprochene Jobs im Sicherheitsapparat und anderswo gibt es nicht. Viele Rebellen leben weiterhin als Banditen von Raub, Viehdiebstahl und Erpressung. Zudem wurde APRD-Anführer Jean-Jacques Démafouth festgenommen und wegen „Gefährdung der Staatssicherheit“ angeklagt. Andere Milizen mit ähnlich opulenten Namen nahmen gar nicht erst an der Demobilisierung teil.

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Aus Frustration über den Friedensprozess haben sich abtrünnige Gruppen nun zur „Séléka“ zusammengeschlossen. „Nichts ist geschehen, um unser Leid zu verringern“, erklärte ein Sprecher. Bislang haben die Kämpfer leichtes Spiel mit den wenig schlagkräftigen Regierungstruppen. Über ihre Absicht, die Hauptstadt Bangui zu erobern, gibt es widersprüchliche Angaben. Ein Anführer erklärte, man wolle „dieses Raubtierregime früher oder später auswechseln“.

UNO zog Mitarbeiter aus dem Land ab

Bozizés Regime gilt als korrupt, seine letzte Wahl 2011 wurde manipuliert. Die Republik ist trotz beträchtlicher Bodenschätze eines der ärmsten Länder der Welt, geprägt von Zensur und Unterdrückung, einer niedrigen Lebenserwartung und einer hohen Analphabetenrate. Der Tschad schickte vergangene Woche Truppen, um Präsident Bozizé Beistand zu leisten. Schon 2010 war die Nachbararmee ihm zu Hilfe geeilt.

Die UNO beorderte am Mittwoch alle „nicht-essenziellen“ Mitarbeiter aus dem Land. Auch die USA forderte ihre Bürger auf, die Republik zu verlassen. Eine Demonstration von Mitgliedern der Regierungspartei Kwa Na Kwa vor der französischen Botschaft, die Schutz vor „machthungrigen Abenteurern“ forderten, schlug in Gewalt um. Scheiben wurden zerschlagen, die Trikolore abgerissen. Französische Soldaten beendeten die Unruhen. In der Hauptstadt Bangui sind 250 französische Militärs stationiert, um die Friedensmission zu unterstützen.

Frankreich baut Uran ab

Etwa 1200 Franzosen im Land pflegen die guten Geschäftskontakte zur ehemaligen Kolonialmacht. Die französische Nuklearfirma Areva besitzt eine Uranmine in Bakouma, der Beginn des Uranabbaus wurde nach dem Preisverfall in Folge der Fukushima-Katastrophe jedoch auf 2013 verschoben. Auch China ist daran beteiligt und hat 2010 zudem mit der Suche nach Öl begonnen.