Essen. Die Abiturnoten in NRW werden immer besser. Das liegt nicht unbedingt daran, dass die Schüler besser werden. Eine Biologielehrerin erzählt, wie groß der Druck ist, im Zweifel die bessere Note zu geben. Eine solche Empfehlung hing einige Zeit sogar im Lehrerzimmer aus.

"Meine Kollegen sind wie ich der Meinung: Die Noten werden tatsächlich besser. Dafür müssen die Schüler immer noch eine Menge leisten, aber die Anforderungen sind breiter angelegt. Und das geht zu Lasten der Tiefe.

Die Aufgaben sind nicht mehr so komplex, wir haben bei den Anforderungen abgespeckt, sind mit den Ansprüchen herunter gegangen. Es gibt dadurch weniger Schüler, die wirklich spitze sind, aber eben auch weniger Schulversager.

Bei einer Fortbildung wurde uns von einem Dezernenten der Bezirksregierung gesagt: „Gehen Sie auf Schatzsuche.“ Gemeint war damit, den Erwartungshorizont so he­runterzuschrauben, dass man auch bei einer eigentlich schlechten Leistung noch irgendetwas finden kann, das eine bessere Note rechtfertigt.

Im Lehrerzimmer hing auch eine Weile die Empfehlung aus, ,den Notenspielraum nach oben auszuschöpfen’.

„Schüler können heute andere Dinge besser“

Ich glaube, die Leistungskurs-Klausuren, die ich früher gestellt habe, könnten meine Schüler heute nicht mehr lösen. Das meine ich nicht unbedingt negativ, denn sie können heute andere Dinge besser, zum Beispiel gezielt und systematisch arbeiten.

Mein Unterricht ist allgemeiner geworden, denn die Schüler müssen doch alles lernen, um optimal auf das Abitur vorbereitet zu sein.

Die schlechten Schüler ziehen wir inzwischen mit durch, und zwar von der fünften Klasse an bis zum Abitur. Das ist oft eine Qual – aber auch eine große Chance für die Schwächeren. Sie profitieren von den inzwischen guten Förderprogrammen. Eine Folge davon ist, dass es nicht nur mehr gute Noten, sondern auch weniger wirklich schlechte Noten gibt.“

(Name der Redaktion bekannt)