Es steht wirklich schlecht um Europa. Und Besserung im neuen Jahr ist nicht in Sicht. Der Friedensnobelpreisträger leidet. Weshalb ist das so? Und wie kommt es zu dem Widerspruch von äußerem Schein und innerem Elend?

Der letzte Europa-Gipfel, auf dem die nächsten großen Reformschritte beschlossen werden sollten, ist ja gescheitert. Das nächste Treffen der Regierungschefs findet im Sommer statt.

Die Bundestagswahl steht ­bevor. Entsprechend aufgeheizt wird das Klima im größten und ­wichtigsten Euroland sein. Das ist einfach nicht die Zeit für Diskus­sionen über nationale Souveränität und europäische Identität.

Eine europäische Mitte gibt es nicht mehr

Schwerer aber wiegt die offene Frage, ob es Europa überhaupt noch gibt. Noch nie war der alte Kontinent so gespalten wir heute. Auf der ­einen Seite die Südländer, die einen Vorschlag nach dem anderen machen, wie sie an mehr Geld der Nordländer kommen. Angesichts der teilweise chaotischen sozialen Verhältnisse in diesen Ländern und den krisenverschärfenden Folgen der Sparpolitik kann man das sogar verstehen.

Auf der anderen die Nordländer, die vor allem eins tun: Nein sagen. Dazwischen eine dritte Gruppe, der Osten, mit Ländern wie Polen, die mitbestimmen wollen, ohne etwa dem Euro anzugehören.

Eine europäische Mitte gibt es nicht mehr. Die deutsch-franzö­sische Achse ist Vergangenheit. Frankreich zählt zum Süden, Deutschland zum Norden.

Alle in ihren nationalen Schützengräben

Längst ­argumentiert die deutsche Kanzlerin fast wortgleich wie ihr niederländischer, schwedischer, dänischer Kollege (bzw. Kollegin). Den Nordländern geht es wirtschaftlich gut und, folgt man einer „Spiegel“-Recherche, sie wollen nichts mehr wissen von einem Verantwortungs-Transfer nach Europa. Motto: nicht Süd-Banken zu Lasten von Nord-Rentnern retten. Nachvollziehbar ist auch das.

Und so sitzen sie alle in ihren ­nationalen Schützengräben. Und die europäischen Instanzen, die in der Lage wären, so etwas zu defi­nieren wie ein europäisches ­Gemeinwohl, sind zu schwach dafür.

Angela Merkel wäre zwar stark genug. Aber sie ist ihren deutschen Wählern verpflichtet. Einen euro­päischen Souverän gibt es eben nicht. Finstere Zeiten für Europa.