Berlin. . Frauen in Deutschland trauen sich den Spagat zwischen Beruf und Familie oft nicht zu – vor allem, wenn sie Akademikerinnen sind. Denn der Mythos der „guten Mutter“ beherrscht anders als in anderen Ländern das Denken. Obendrein fehlt oft schlicht der passende Partner.

Ihr Kinderlein kommet? In Deutschland ist die Liedzeile seit Jahren Wunsch der Familienpolitiker. Die Geburtenrate jedoch bleibt im Keller. Mehr noch: Neun von zehn jungen Frauen und Männern starten mit Kinderwunsch ins Erwachsenenleben, enden aber kinderlos. Nach einer neuen Studie ist die entscheidende Ursache: Die Deutschen bekommen so wenige Kinder, weil sie Angst vor der Überforderung haben.

Die Geburtenrate ist seit Jahrzehnten niedrig. Wird sich noch ändern?

Die Wissenschaftler sind skeptisch. „(Keine) Lust auf Kinder?“ - die neue Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) sieht in Deutschland ein „ungünstiges Szenario“ für dauerhaft steigende Geburtenzahlen. Denn die Kleinfamilie hat sich seit den 1970er Jahren zur Norm entwickelt. Mit einer durchschnittlichen Geburtenrate von 1,39 Kindern pro Frau gehört Deutschland weltweit zu den Schlusslichtern. Ein Zustand, so glauben die Bevölkerungsforscher, der „durch familienpolitisches Handeln nicht kurzfristig zu verändern ist“. Denn: Kinderlosigkeit prägt. In einem Land, in dem wenige Kinder geboren werden, sinkt oft auch die Zahl der gewünschten Kinder.

Jeder fünfte Deutsche unter 50 Jahren will keine Kinder haben. Wer sich dagegen Kinder wünscht, steht unter hohem Druck. Warum?

Während in anderen europäischen Ländern die Geburtenrate langsam wieder steigt, herrscht laut Studie in Deutschland vor allem ideologischer Stillstand. Im Westen gilt nach Ansicht der Bevölkerungsforscher noch immer das Leitbild der „Guten Mutter“. Gute Mütter, so der verbreitete Glauben, seien Frauen, die ihre Berufstätigkeit einschränken oder aufgeben. „Kinder, die den Großteil der Woche in einer Tagesstätte verbringen, werden häufiger später im Leben Probleme haben“ – solche Aussagen finden im Westen nach wie vor Zustimmung. Hier glauben viele: „Ein Vorschulkind wird darunter leiden, wenn seine Mutter arbeitet.“ Im Osten herrschen andere Leitbilder: Es gibt mehr Krippenplätze und auch mehr Toleranz für Eltern, die nach der Babypause schnell zurück in den Beruf wollen.

Hausfrau kontra kinderlose Karriere – was ist mit dem dritten Weg?

Viele Frauen mit Kinderwunsch sehen sich in der Zwickmühle: Die wenigsten wollen das reine Hausfrauenmodell. Doch Familienleben und Karriereplanung passen oft nicht zusammen, gute Krippenplätze sind rar, das Etikett „Rabenmutter“ ist allgegenwärtig. „In einer solchen Situation werden Entscheidungen gegen Kinder begünstigt“, schreiben die Forscher. Das betrifft besonders die gut Ausgebildeten: Fast jede dritte Akademikerin bleibt kinderlos.

Gibt es noch andere Gründe für die niedrige Geburtenrate?

40 Prozent der kinderlosen Deutschen unter 50 Jahren nannten in einer Allensbach-Umfrage einen ganz anderen Grund für ihre Kinderlosigkeit: Ihnen fehle der richtige Partner. Fast ebenso viele antworteten: „Ich fühle mich noch zu jung“. Nur elf Prozent der Kinderlosen räumten ein, dass sie Angst hätten, keine Betreuungsmöglichkeit zu finden, 17 Prozent sorgten sich, nicht genügend Zeit für das Kind zu haben.