Essen. Dutzende Autobahnbrücken in NRW sind marode, sie müssen aufwändig saniert, teilweise sogar abgerissen werden. Wegen der beschädigten Brücke Leverkusen prüft Köln den Einsatz von Fähren. Firmen müssen große Umwege fahren. Die Sanierung aller maroden Brücken würde Milliarden kosten.

Morsch, marode, in der Mehrzahl anfällig für Schäden. Das ist die Bilanz des Zustands von fast 400 Fernstraßenbrücken in NRW. Viele wurden zwischen 1965 und 1979 errichtet. Sie gehören zu einer schwächelnden Generation von Brücken.

Warum ist das so?

Sie sind nicht für den heutigen Lkw-Verkehr gebaut. Der hat sich seit 1990 verdoppelt. Auch die zulässigen Gesamtgewichte haben sich seit 1960 von 24 Tonnen je Fahrzeug auf 44 erhöht. Und „ein Lkw mit zwei Mal zehn Tonnen Achslast hat auf der Autobahn dieselbe Zerstörungswirkung wie 60 000 Pkw“, sagt der Landesbetrieb Straßen.NRW.

Welche werden abgerissen?

Straßen.NRW führt eine „Top-Twelve“-Liste mit Totalschaden-Bauwerken. Der Fall Leverkusen steht auf Platz 1, es folgen drei weitere Bauwerke der A 1, die zentralen Überführungen der Kreuze Hilden und Aachen, die A 45-BrückenLennetal, Rinsdorf und Brunsbecke, im Rheinischen die A 57-Brücke Dormagen, die der A 59 bei Porz und der „Tausendfüßler“, der quer durch den Bonner Norden führt (A 565).

Wo hilft noch die Sanierung?

Zum Beispiel bei der Berliner Brücke der A 59 in Duisburg und zwei weiteren Brücken dieser Stadtautobahn. Das wird gerade geplant. Die Neuenkamper Rheinbrücke der A 40 (Ruhrschnellweg) ist „unter Beobachtung“ – ähnlich wie alle Brücken der Sauerlandlinie mit Spannweiten von mehr als 100 Metern.

Wie laufen Neubau und Sanierungen von Brücken ab?

Das ist eine schwierige und teure Sache, wie der Ersatz der Leverkusener Brücke zeigt: Er kostet 150 Millionen Euro, zumal hier bis zum Kreuz Leverkusen auch der Anschluss erneuert werden muss. Dort liegt aber eine Giftmülldeponie im Weg, wenn sich die Planer für einen Neubau neben der alten Brücke bei laufendem Verkehr entscheiden. Wird dagegen erst abgerissen und an gleicher Stelle neu gebaut, wäre der Kölner Ring – täglich 160.000 Autos – auf Jahre unterbrochen. Ähnliche Fragen müssen auch an den anderen Baustellen beantwortet werden.

Sind die Brücken noch sicher?

Ja, sagen die Landes-Experten. „Es gibt kein Sicherheitsrisiko, weil wir ein engmaschiges Netz von Kontrollen haben“. Jede Brücke wird mindestens zwei Mal im Jahr geprüft, alle sechs Jahre folgt eine Hauptuntersuchung.

Schadet das alles der Wirtschaft?

Eindeutig, sagt Joachim Brendel von den NRW-Handelskammern. Konkrete Zahlen über die Ausfälle gibt es nicht, aber „es schwächt zunehmend den Industrie- und Logistikstandort NRW“. In Köln gibt es Pläne, alte Rhein-Fähren zu aktivieren, um zumindest bis März eine schnelle Belieferungen der großen Firmenanlieger sicherzustellen. Und im Siegerland müssen Schwertransporte von SMS in Hilchenbach teils erst Richtung Würzburg rollen, bevor sie zu den Seehäfen gelangen. Die A 45 ist für sie Tabu-Zone.

StadtautobahnIst nur NRW betroffen?

Nein. Die Daehre-Kommission rech­net gerade bundesweit die Schäden nach. Erste Analysen zeigen: 20 Prozent der Autobahnen und 40 Prozent der Bundesstraßen sind in bedenklichem Zustand. 7,5 Milliarden Euro werden jetzt zusätzlich gebraucht – pro Jahr.