Mit ihrer Anerkennung der oppositionellen Syrischen Nationalkoalition haben am Mittwoch mehr als 100 Länder den Druck auf das Regime von Präsident Baschar al Assad weiter erhöht. Der Schritt, zu dem sich die sogenannten Freunde Syriens bei ihrem Treffen in Marrakesch entschieden, macht zugleich den Weg für mehr humanitäre Unterstützung für die Zivilbevölkerung frei.
Marrakesch/Damaskus (dapd). Mit ihrer Anerkennung der oppositionellen Syrischen Nationalkoalition haben am Mittwoch mehr als 100 Länder den Druck auf das Regime von Präsident Baschar al Assad weiter erhöht. Der Schritt, zu dem sich die sogenannten Freunde Syriens bei ihrem Treffen in Marrakesch entschieden, macht zugleich den Weg für mehr humanitäre Unterstützung für die Zivilbevölkerung frei. Deutschland will für die Opfer und Flüchtlinge des Syrien-Konflikts weitere 22 Millionen Euro an humanitärer Hilfe zur Verfügung stellen, wie Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) am Rande des Treffens ankündigte.
Insgesamt beträgt die humanitäre Hilfe Deutschlands in diesem Jahr 90 Millionen Euro. Das Geld soll nach Angaben von Westerwelle den Flüchtlingen in den Nachbarländern Syriens zugutekommen, zunehmend aber auch den Menschen in Gebieten, die unter Kontrolle der syrischen Opposition stehen. "Neben dem politischen Signal der Aufwertung und Anerkennung erwartet die Nationale Koalition in Marrakesch zurecht auch eine handfeste Unterstützung ihrer Arbeit und der Menschen in Syrien", sagte Westerwelle. Solange der Konflikt andauert, müsse das Leiden der Menschen und Flüchtlinge gelindert werden.
Der französische Außenminister Laurent Fabius wertete das Treffen der Freunde Syriens in Marokko als "außerordentlichen Fortschritt". Die Europäische Union wolle nun ihr Waffenembargo gegen Syrien alle drei Monate statt jährlich erneuern. Dadurch wolle die europäische Staatengemeinschaft flexibler auf Veränderungen der Lage in Syrien reagieren können, sagte Fabius.
In einer gemeinsamen Abschlusserklärung der Freunde Syriens hieß es, Assad habe jegliche Legitimität verloren. Zu einem Rücktritt wurde der syrische Staatschef darin aber nicht aufgefordert. Die Konferenzteilnehmer warnten vor einem Einsatz chemischer Waffen im Bürgerkrieg. Jeglicher Einsatz derartiger Waffen hätte "eine beträchtliche Reaktion" der internationalen Staatengemeinschaft zur Folge, hieß es.
Im vergangenen Jahr hatte die Anerkennung der libyschen Opposition durch die internationale Staatengemeinschaft den Aufständischen im Kampf gegen den damaligen Machthaber Muammar al Gaddafi neuen Auftrieb gegeben und die Weichen für Luftangriffe des Westens gestellt. Im Syrien-Konflikt scheint eine Militärintervention des Westens aber bislang unwahrscheinlich.
Explosionen erschüttern Innenministerium in Damaskus
Unterdessen erschütterten Medienberichten zufolge mehrere schwere Explosionen am Mittwoch das syrische Innenministerium in der syrischen Hauptstadt Damaskus. Es gebe Tote und Verletzte, berichtete der britische Rundfunksender BBC unter Berufung auf das Staatsfernsehen. Bei der Detonation sei der Eingangsbereich des Gebäudes beschädigt worden. Mindestens eine der Explosionen sei von einer Autobombe verursacht worden.
Zuvor war von Gefechten zwischen Aufständischen und Regierungstruppen im Bezirk Kafar Susse berichtet worden, in dem auch das Innenministerium liegt. Ebenfalls am Mittwoch seien nahe dem Justizministerium im Vorort Dscharamana zwei Autobomben detoniert, meldete BBC unter Berufung auf die staatliche Nachrichtenagentur SANA. Dabei seien ein Menschen getötet und mehrere weitere verletzt worden.
Syriens Militär soll Rebellen mit Scud-Raketenbeschießen
Die syrischen Regierungstruppen sollen in den vergangenen Tagen mehrere Scud-Raketen auf Rebellen abgefeuert haben. Der Einsatz der Mittelstreckenraketen aus russischer Produktion stellt eine weitere Eskalation im Konflikt zwischen der Regierung von Präsident Assad und den Aufständischen dar. Mehr als ein halbes Dutzend Scud-Raketen sei aus der Region um die Hauptstadt Damaskus Richtung Norden abgeschossen worden, verlautete am Mittwoch aus US-Kreisen. Damit wurde ein Bericht der "New York Times" bestätigt. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die Raketen mit chemischen Sprengsätzen bestückt gewesen seien.
Die Menschenrechtsgruppe Human Rights Watch beschuldigte das syrische Militär derweil, seit Mitte November in mindestens vier Gegenden Syriens Brandbomben abgeworfen zu haben. Derartige Waffen können eine Reihe brennbare Substanzen enthalten, darunter Napalm und Thermit. Sie werden aber nicht als Chemiewaffen eingestuft.
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