Essen. Fast vier Stunden lang blickte Günther Jauch bei RTL auf das Jahr 2012 zurück. Den stärksten Eindruck hinterließ ein leerer Stuhl. Dort sollte Malala Yousafzai sitzen. Die von den Taliban niedergeschossene Schülerin und Bildungsaktivistin musste in einem englischen Krankenhaus bleiben.

Felix Baumgartner und Laura Dekker müssen Malala Yousafzai wie Aliens vorkommen. Der eine gibt Millionen aus, um in Lebensgefahr zu geraten, die andere kämpft zum selben Zweck jahrelang vor Gericht. Für Malala Yousafzai reicht schon der Gang zur Schule. Mitte Oktober wurde die 15-Jährige von pakistanischen Islamisten niedergeschossen – drei Kugeln trafen sie in Kopf und Hals.

Dass sie noch lebt, ist ein Wunder. Im Moment liegt sie in einem englischen Krankenhaus. Nach Deutschland kann sie nicht kommen, aber sie hat eine Botschaft für Günther Jauch und das Publikum seiner Jahres-Rückschau: Sie werde weiter dafür kämpfen, dass Mädchen in Pakistan zur Schule gehen können.

Baumgartner hätte gerne eine gemäßigte Diktatur als Staatsform

Vor soviel Courage wirkte der Auftritt von Felix Baumgartner geradezu schal. Von Günther Jauch allen Ernstes als „Neil Armstrong seiner Generation“ angekündigt, erwies sich der Österreicher als blasser Extremsport-Technokrat und selbst ernannter „Risiko-Manager“.

Immerhin blieben dem Publikum seine politische Meinungen erspart – anders als den Lesern der „Kleinen Zeitung“ aus Graz. Denen hatte Baumgartner jüngst seine Vorstellung von der idealen Staatsform anvertraut: „Du kannst in einer Demokratie nichts bewegen. Wir würden eine gemäßigte Diktatur brauchen, wo es ein paar Leute aus der Privatwirtschaft gibt, die sich wirklich auskennen.“ Wer weiß, vielleicht die von Red Bull.

Ozeanüberquerung einer 14-Jährigen kommt als Pippi-Langstrumpf-Abenteuer rüber

Aus der Guinessbuch-Abteilung kam auch ein anderer Gast. Laura Dekker hatte anderthalb Jahre lang allein die Welt umsegelt – mit 14 Jahren. Weil sie mit der Reise einverstanden waren, war ihren Verwandten im Vorfeld das Sorgerecht eingeschränkt worden. Was Eltern dazu antreibt, die Ozeanüberquerung ihrer Teenager-Tochter vor Gericht durchzusetzen, hätte man gerne gewusst. Nachfragen bleiben aus.

Bei Jauch kommt der Trip wie ein empfehlenswertes Pippi-Langstrumpf-Abenteuer rüber. Eine halbe Stunde zuvor hatte Jauch noch mit Überlebenden einer echten Havarie gesprochen. Zwei Familienväter berichteten von den letzten Szenen auf dem Kreuzfahrtschiff Costa Concordia, das im Januar vor der Mittelmeerinsel Giglio auf einen Felsen gefahren war. Ein Unglück mit 32 Todesopfern.

Ausflüge ins eigene Sendearchiv durften nicht fehlen

Für die leichteren Momente in der Sendung sorgte der Sport. Bekannt als eher ungelenkig, duellierte sich Jauch mit Olympiasieger Robert Harting im Diskuswurf, hielt mehrere Siebenmeter-Würfe von Ex-Handballerin Hannelore Kraft und debattierte mit BVB-Mädchenschwarm Mats Hummels über den Zusammenhang von Aussehen und Torgefährlichkeit. Kunstturn-Olympionike und Silbermedaillen-Gewinner Marcel Nguyen drehte derweil beeindruckende Runden am Reck.

Ein paar Ausflüge ins eigene Senderarchiv durften natürlich nicht fehlen. So gab es ein Wiedersehen mit dem Berliner Büdchenbesitzer und „Wer wird Millionär“-Kandidaten Aaron Troschke. Schwestersender RTL 2 schickte wiederum die Geissens aus der gleichnamigen Trashserie ins Rennen. „Die haben es schon auf den Titel des 'Stern' geschafft“, erklärte Jauch, beinahe entschuldigend.