Historischer Erfolg für die Palästinenser bei den Vereinten Nationen: Mit überwältigender Mehrheit hat die UN-Vollversammlung ihnen am Donnerstag einen Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen verliehen und damit den Staat Palästina de facto anerkannt.
New York/ (dapd). Historischer Erfolg für die Palästinenser bei den Vereinten Nationen: Mit überwältigender Mehrheit hat die UN-Vollversammlung ihnen am Donnerstag einen Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen verliehen und damit den Staat Palästina de facto anerkannt. Mehr als zwei Drittel der UN-Mitglieder votierten für die diplomatische Aufwertung der Palästinenser, die damit allerdings kein stimmberechtigtes Mitglied der UN sind. Die USA und Israel kritisierten das Ergebnis der Abstimmung, das für die Palästinenser einen zumindest symbolischen Erfolg im Kampf um ihre Unabhängigkeit darstellte. Im Westjordanland brachen die Menschen in Jubel aus.
Offenbar als Reaktion auf die UN-Abstimmung kündigte die israelische Regierung am Freitag den Bau von 3.000 neuen Wohnungen in den jüdischen Siedlungsgebieten im Westjordanland an. Das verlautete aus Regierungskreisen in Jerusalem. Der palästinensische Unterhändler Sajeb Erakat verurteilte die Ankündigung und erklärte, Israel setze sich damit über die internationale Gemeinschaft hinweg.
Die Bundesregierung rief nach der Aufwertung des Palästinenserstatus' zu Friedensverhandlungen im Nahen Osten auf. "Die Abstimmung muss zum Anlass genommen werden, so schnell wie möglich direkte Friedensgespräche aufzunehmen", sagte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) am Freitag in Berlin. In der jetzigen Situation komme es darauf an, keine dauerhaften Verhärtungen zuzulassen. Stattdessen sollte alle Kraft auf die gemeinsame Suche nach einer gerechten und fairen Zwei-Staaten-Lösung mit Israel verwendet werden.
138 der 193 Staaten in der UN-Vollversammlung billigten die Resolution für die diplomatische Aufwertung der Palästinenser. Neun Staaten, darunter die USA, Israel, Kanada, Tschechien, Panama und eine Reihe von Pazifikstaaten, stimmten dagegen, 41 enthielten sich, unter ihnen Deutschland und Großbritannien.
USA sehen Rückschlag für Friedensprozess
Die USA werteten die Abstimmung als Rückschlag für die Friedensbemühungen im Nahen Osten. "Die heutige bedauernswerte und kontraproduktive Resolution hat weitere Hürden auf dem Weg zum Frieden geschaffen", sagte die UN-Botschafterin der USA, Susan Rice. Auch US-Außenministerin Hillary Clinton bezeichnete die Resolution als "kontraproduktiv".
Kanada kündigte aus Protest gegen die Anerkennung Palästinas als Beobachterstaat den vorläufigen Abzug ranghoher Diplomaten aus Israel, dem Westjordanland und den UN-Vertretungen in New York und Genf an. Die Entscheidung der UN-Vollversammlung habe ihn zutiefst enttäuscht, sagte der kanadische Außenminister John Baird am Freitag.
Unmittelbar nach Bekanntgabe des Ergebnisses wurde hinter dem Platz der palästinensischen Delegation im UN-Gebäude in New York eine palästinensische Flagge ausgerollt. In Ramallah im Westjordanland schwenkten die Menschen palästinensische Flaggen, fielen sich in die Arme und skandierten "Gott ist groß".
Israel kritisiert UN-Anerkennung
Tatsächliche Unabhängigkeit bleibt für die Menschen in den Palästinensergebieten aber noch ein weit entfernter Traum. Israel hatte gewarnt, dass der einseitige Antrag der Palästinenser bei den UN die Friedensverhandlungen behindern würde.
Unmittelbar nach der Abstimmung erklärte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, das Ergebnis habe keine Bedeutung. "Die heutige Resolution bei den UN wird nichts vor Ort ändern. Sie wird die Errichtung eines palästinensischen Staates nicht voranbringen, sondern sie eher verzögern." Gleichzeitig kritisierte Netanjahu die Rede von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas vor dem Votum, in der er die UN-Vollversammlung dazu aufgerufen hatte, eine "Geburtsurkunde für Palästina" auszustellen. Die Rede sei "voller verlogener Propaganda gegen Israel" gewesen, die Aussagen von Abbas "diffamierend und giftig", sagte Netanjahu.
Obwohl ein UN-Beobachterstatus ohne UN-Mitgliedschaft völkerrechtlich nicht viel für die Palästinenser ändert, sehen sie diese Anerkennung als wichtigen Schritt zum eigenen Staat in Gazastreifen, Westjordanland und Ostjerusalem in den Grenzen vor dem Sechstagekrieg 1967. Allerdings sind sie davon auch nach dem Votum noch weit entfernt. Die Palästinenser haben keine Kontrolle über ihre Grenzen, ihren Luftraum oder Handel, haben zwei rivalisierende Regierungen im Westjordanland und im Gazastreifen und keine gemeinsame Polizei oder Armee.
Abstimmung 65 Jahre nach Anerkennung Israels
Für die Abstimmung in der UN-Vollversammlung reichte eine einfache Mehrheit. In dem Gremium gibt es anders als im UN-Sicherheitsrat auch keine Veto-Möglichkeit. Das Votum fand am 29. November statt, genau an jenem Tag, an dem die UN-Vollversammlung 1947 den Staat Israel anerkannte.
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