Doha. . Über 15 000 Teilnehmer aus 194 Staaten jetten zum gerade gestarteten Klimagipfel in die arabische Wüste nach Doha, der Hauptstadt des Öl-Scheichtums Katar. Experten warnen vor zu hohen Erwartungen an die Konferenz in vollklimatisierten Räumen. Das „Zwei-Grad-Ziel“ sei politisch nicht durchsetzbar.

Der Kampf gegen die weltweite Klimaerwärmung steht ab heute wieder im Mittelpunkt einer großen UN-Konferenz. In Doha, der Hauptstadt von Katar, wollen 194 Staaten unter anderem über einen konkreten Fahrplan für einen Weltklimavertrag verhandeln, der 2015 beschlossen werden soll. Die Klimakonferenz in Doha dauert bis zum 7. Dezember. Umweltminister Peter Altmaier (CDU) wird für kommende Woche in Doha erwartet. Wann, steht wegen des CDU-Parteitags noch nicht endgültig fest.

Harte Verhandlungen wird es wohl in der Frage geben, wie lange die nächste Verpflichtungsperiode für das Kyoto-Protokoll zur Begrenzung des Ausstoßes an klimaschädlichen Gasen dauern soll, nachdem sich die Staaten im vergangenen Jahr grundsätzlich auf eine Verlängerung des Abkommens verständigt hatten.

Offen ist außerdem die Frage, wie hoch die finanzielle Unterstützung für die vom Klimawandel besonders betroffenen Länder in den kommenden Jahren sein soll. Auch hier laufen die Zusagen, die vor drei Jahren auf dem Klimagipfel in Kopenhagen gemacht wurden, Ende des Jahres aus. Ab 2020 sollen jährlich bis zu 100 Milliarden Dollar für Klimaschutzprojekte zur Verfügung stehen. Für die Zwischenzeit gibt es bislang keine Festlegungen.

Experten halten Zwei-Grad-Ziel für kaum durchsetzbar

Verwaltet werden sollen das Geld vom Grünen Klimafonds, über dessen Sitz in Doha ebenfalls entschieden wird. Voraussichtlich wird die Wahl auf Südkorea fallen. Deutschland, das sich ebenfalls beworben hatte, ging bei einer Vorabstimmung leer aus.

Kurz vor Beginn der UN-Weltklimakonferenz dämpfen Experten die Erwartungen an das Treffen im Emirat Katar. Der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Hans Joachim Schellnhuber, forderte eine deutliche Verschlankung des Treffens. „Den Bombast abzuschneiden von den sogenannten Gipfeln würde die Glaubwürdigkeit deutlich erhöhen“, sagte Schellnhuber im Interview der Nachrichtenagentur dapd. Erwartet würden in Doha erneut eine fünfstellige Teilnehmerzahl, reichen würden dagegen 300. Der Aufwand der Konferenzen stehe in keinem Verhältnis zu deren Ergebnis.

Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) mahnte stärkere Anstrengungen beim Klimaschutz an. „Die internationale Staatengemeinschaft muss in Doha einen neuen Versuch starten, um die prognostizierte Aufheizung der Erdatmosphäre um zwei Grad oder mehr zu verhindern“, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weige. Gelinge das nicht, würden sich Überschwemmungen und Dürren häufen, mit fatalen Folgen für Millionen.

Weiger betonte, es reiche nicht, sich auf der bereits zugesagten Verringerung von CO2-Emissionen einiger weniger Staaten auszuruhen. In Doha müssten sowohl ein Kyoto-Nachfolge-Abkommen für die nächsten Jahre als auch die Grundlagen für einen neuen internationalen Klimaschutzvertrag für die Zeit nach 2020 vereinbart werden.

Ex-Umweltminister Töpfer kritisiert Bundesregierung

Führende Klimaforscher mahnten dagegen, sich von unrealistischen Zielen zu verabschieden. Die Erwärmung der Erde auf maximal zwei Grad Celsius zu begrenzen sei „politisch kaum durchsetzbar““, sagte Jochem Marotzke, der Vorsitzende des Deutschen Klimakonsortiums. Selbst ein Drei-Grad-Ziel „wäre natürlich weltweit mit gewaltigen Anstrengungen verbunden“, betonte Marotzke, der das Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg leitet,

„Das Zwei-Grad-Ziel muss dringend fallen gelassen werden“, forderte auch der Klimapolitikexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, Oliver Geden. Eine Phantomdiskussion, wie sie in Doha wieder zu befürchten sei, verstelle lediglich den Blick auf pragmatische Lösungen. Zielführender sei es, wenn einzelne Länder, aber auch Unternehmen oder Städte sich verbündeten, um klimafreundliche Konzepte umzusetzen.

Deutsche Politiker übten unterdessen harsche Kritik an der Klimapolitik der Bundesregierung. Ex-Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) forderte Union und FDP auf, die Energiewende entschlossener als bisher anzugehen. (dapd)