Berlin. . Die Kanzlerin wird am Mittwoch einen eindringlichen Appell an die Länder richten: Gebt die Blockade im Bundesrat auf. Es geht um Steuersenkungen, Gebäudesanierung und das Abkommen mit der Schweiz. Ob die Länder hart bleiben, ist wie so oft eine Frage des Geldes.

Bundeskanzlerin Angela Merkel warnt die SPD-geführten Länder vor einer Blockadepolitik im Bundesrat. In ihrer Haushaltsrede am Mittwoch im Bundestag will Merkel nach Angaben aus Regierungskreisen einen eindringlichen Appell an die Länder richten, „Wachstumsgesetze endlich zu verabschieden“ – auch mit Blick auf die nachlassende Konjunktur. Koalitionspolitiker drohen schon damit, das Scheitern von Steuerentlastungen zum Wahlkampfthema zu machen.

Die Warnungen haben ihren Grund: In dieser Woche muss die Koalition mit ansehen, wie ihre wichtigen Vorhaben reihenweise auf Eis gelegt werden. Fast nichts geht mehr, weil Schwarz-Gelb keine Mehrheit im Bundesrat hat und die von SPD oder Grünen geführten Länder dort viele Gesetze blockieren.

Steuer, Sanierung, das Abkommen mit der Schweiz

Am Mittwochabend berät der Vermittlungsausschuss wieder über die 6-Milliarden-Steuerentlastung, die im Januar 2013 in Kraft treten soll – SPD, Grüne und Linke lehnen sie mit Blick auf die Haushaltslage ab.

Der Ausschuss wird sich wieder über die Förderung der energiesparenden Gebäudesanierung beugen, die der Bundestag vor 16 Monaten beschloss – viele Länder fürchten die Steuerausfälle. Nach Teilnehmerangaben ist schon klar, dass es bei beiden Punkten erneut keine Einigung geben wird.

Am Freitag dann wird die Länderkammer unter anderem das umstrittene Steuerabkommen mit der Schweiz und das Jahressteuergesetz ablehnen.

Milliarden sollen die Länder gefügig machen

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nannte die Haltung von SPD und Grünen am Dienstag „völlig inakzeptabel“. Doch er und Merkel versuchen hinter den Kulissen längst, die Länder mit Milliardensummen doch noch zur Zustimmung zu bewegen. Der Deal könnte teilweise sogar gelingen, wenn in den nächsten Wochen im Vermittlungsausschuss ein ganz großes Kompromisspaket geschnürt wird. Denn von Totalblockade kann keine Rede sein, es geht überwiegend um sehr eigene, meist finanzielle Länderinteressen. Die werden auf SPD-Seite künftig von NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft koordiniert.

Bei der Steuerentlastung signalisiert die SPD bereits Kompromissbereitschaft: Die in dem Gesetz enthaltene Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrags von 8004 Euro in zwei Stufen auf 8352 Euro, die die Bürger um zwei Milliarden im Jahr entlastet, werden die Länder nicht blockieren. „Das tragen wir mit. Notfalls spalten wir selbst das Gesetz auf“, kündigte SPD-Chefverhandler Thomas Oppermann an. Über weitere Entlastungen und die Zustimmung zu anderen, strittigen Gesetzen könnten die Länder mit sich reden lassen, wenn der Bund ihnen finanzielle Lasten abnimmt.

Oppermann: Regierung ist in Panik

Konkrete Angebote werden schon erwartet. „Die Regierung hat Torschlusspanik wegen der Landtagswahl in Niedersachsen“, sagt Oppermann. Im Kanzleramt heißt es umgekehrt: „Wir werden sehen, bei welchen Summen die SPD schwach wird.“

Einen massiven Rettungsversuch unternimmt die Regierung beim Steuerabkommen mit der Schweiz. Im nahenden Vermittlungsverfahren will Schäuble den Ländern einmalig drei Milliarden und jährlich 750 Millionen Euro zusätzlich anbieten, die eigentlich dem Bund aus den Schweizer Überweisungen zustünden.

Ein Basar – und ein NRW-Minister, der sich fest legt

Der Chef der Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, ist „empört“: Schäuble verteile Gelder, „nur um hart gesottenen Steuerhinterziehern ein ruhiges Gewissen in der Anonymität der Schweizer Bankenwelt zu bescheren“, sagte er der WAZ-Mediengruppe. „Ein solches Geschacher würde die Steuermoral der Bürger beschädigen. Steuergerechtigkeit ist ein hohes Verfassungsgut, das kann man nicht auf dem Basar opfern.“

Am Freitag steht die Ablehnungsfront noch: Die Länder würden sich ihren Einsatz für ein gerechteres Abkommen nicht abkaufen lassen, versichert NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). Könnte Schäuble später aber doch eine Mehrheit organisieren, wäre in diesem Fall die SPD-Spitze blamiert.