Essen. Die Gewerkschaften werfen NRW-Innenminister Ralf ­Jäger vor, immer neue Programme zur Kriminalitätsbekämpfung auf den Weg zu bringen. Es gibt mittlerweile Programme gegen Salafisten, Rocker, Computer-Hacker, Rechtsextreme - ohne dass auch für die entsprechende personelle Ausstattung gesorgt wäre.

Die Polizeigewerkschaften in NRW werfen Innenminister Ralf ­Jäger (SPD) vor, die Beamten mit immer neuen Kriminalitäts-Bekämpfungsprogrammen zu überfordern. Die jüngsten Initiativen gegen Salafisten, Rocker, Computer-Hacker, Rechtsextreme und andere Gruppen hätten die Belastung der Poli­zisten auf die Spitze getrieben. Dem Land fehlten Tausende Polizisten.

Der designierte Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Arnold Plickert, sagte dieser Zeitung: „Oft verwalten Polizisten Krimina­lität nur noch. Jedes Jahr fallen zwei Millionen Überstunden bei der Polizei in NRW an.“ Für die Aufklärung eines Einbruchs blieben im Schnitt nur noch 60 Minuten, schimpft ­Wilfried Albishausen, der Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK).

Einbruchkriminalität hat stark zugenommen

Die Personaldecke sei unerträglich dünn, ­andere Delikte, zum Beispiel Drogenkriminalität, würden vernachlässigt. Der BDK rechnet vor, dass in NRW 2000 Kripo-Leute fehlen. ­Albishausen: „Seit 1992 ist die Zahl der Polizisten in NRW festgeschrieben. Derzeit gibt es aber 220 000 Straftaten mehr als vor 20 Jahren.“

Stark zugenommen hat beispielsweise Einbruchkriminalität, gerade hier sei die Bilanz niederschmetternd. Kripo-Beamte zweifeln sogar an den offiziell genannten Zahlen von zwölf Prozent aufgeklärten Einbrüchen. Tatsächlich seien es zwei Prozent, wenn man die Verurteilung eines Tatverdächtigen vor Gericht zum Maßstab nehme. Heißt: Einbrecher müssen sich so gut wie nie für ihre Taten verantworten.

Land "stellt genügend Polizeibeamte ein"

Das Innenministerium kontert die Vorwürfe der Polizisten. Das Land stelle genügend Polizeibeamte ein, so ein Sprecher: „Wir brauchen für den Kampf gegen den Rechtsextremismus, die konsequente Bekämpfung der Kriminalität und die Sicherheit im Straßenverkehr eine gute Personalausstattung. Deshalb stellen wir jedes Jahr 1400 Polizeianwärter ein, 300 mehr als in den Jahren davor. Das wirkt sich auch positiv auf die Altersstruktur aus. Die ­Sicherheit der Menschen in NRW hat für uns oberste Priorität. Ein ­Stellenabbau bei der Polizei kommt deshalb für uns nicht in Frage.“

Die GdP macht eine andere Rechnung auf: „In diesem Jahr werden 1400 Polizisten neu eingestellt, die dann drei Jahre ausgebildet werden. Wir bekommen aber nur 1000 fertig ausgebildete Kollegen aus der Fachhochschule wieder“, so Arnold ­Plickert. Der Rest breche die Aus­bildung ab.

Kommentar: Mehr Sicherheit durch mehr Polizei