Berlin. Der heftig kritisierte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sieht sich einer “Neidkomplexdebatte“ ausgesetzt. SPD-Chef Sigmar Gabriel unterstützt den Ex-Finanzmminister. Der Deutsche Journalistenverband hingegen betont, kritische Berichterstattung sei Aufgabe von Journalisten.
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück wehrt sich gegen Kritik an seinen Buchhonoraren. "Einige Medienvertreter" hätten versucht, "einen Geruch zu legen auch über die Tatsache dass ich erfolgreich Bücher geschrieben habe", sagte Steinbrück am Freitag im Deutschlandfunk.
Steinbrück sagte, solange es um die Klärung der Frage gegangen sei, ob er mit seinen Honoraren für Reden "in irgendwelchen Abhängigkeiten" stehe, habe er Verständnis für die Debatte gehabt. Etwas anderes sei es aber, dass in diese Debatte auch seine Buchhonorare gezogen würden.
Dies habe er "als eine Art Neidkomplexdebatte empfunden, die ganz gezielt meine Integrität treffen sollte. Und das kann ich nicht akzeptieren", betonte Steinbrück. "Das war eine Welle", sagte er weiter, von der er den "Eindruck habe, da kippt etwas".
SPD-Chef Gabriel bemängelt Schmutzkampagne gegen Steinbrück
Sigmar Gabriel sagte der "Welt", die Gegner der SPD versuchten, "mit möglichst viel Schmutz auf Steinbrück zu werfen, in der Hoffnung, dass möglichst viel davon hängen bleibt". Dies sei "ein Zeichen, dass langsam amerikanische Verhältnisse auch in deutschen Wahlkämpfen Einzug halten".
Der Deutsche Journalistenverband (DJV) ließ dagegen Steinbrücks Kritik nicht gelten. "Auch über die Buchhonorare zu erfahren, gehört zur Transparenz, auf die SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück ja Wert legt", betonte der DJV am Freitag. Kritische Berichterstattung sei einfach die Aufgabe von Journalisten. "In der Regel ist daher Medienschelte von Politikern ein Schuss, der nach hinten losgeht", fügte der DJV hinzu.
Steinbrück erhielt möglicherweise eine halbe Million Euro für sein erstes Buch
Am Wochenende hatten verschiedene Medien über Steinbrücks Buchhonorare berichtet. Nach "Focus"-Informationen erhielt Steinbrück für sein Erstlingswerk "Unterm Strich" eine halbe Million Euro. Für das Buch "Zug um Zug" flossen demnach mehr als 100.000 Euro, die er sich mit dem Co-Autoren Helmut Schmidt teile.
Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" geht hingegen von einem Honorar in Höhe von 300.000 Euro für das erste und 180.000 Euro für das zweite Buch aus. Nach Angaben aus der Verlagsbranche, auf die sich die Zeitung bezieht, könnte der Autorenanteil auch höher liegen. Steinbrück hatte die Buchhonorare mit der Begründung nicht offen gelegt, dass man ihm in diesem Bereich keine Abhängigkeiten unterstellen könne.
Auch US-Präsident Obama nahm mit Büchern Millionen ein
Hohe Honorare für Buchveröffentlichungen von Politikern sind keine Seltenheit. Zu den Topverdienern in diesem Segment dürfte US-Präsident Barack Obama gehören: Er erhielt 2009 für seine Bücher "The Audacity of Hope" und "Dreams of my Father" Tantiemen im Umfang von fast 5,7 Millionen Dollar.
2010 sanken die jährlichen Einnahmen aus dem Verkauf seiner Bücher auf 1,6 Millionen Dollar, wie aus der veröffentlichten Steuererklärung des Präsidenten hervorgeht. Im vergangenen Jahr verdiente Obama mit seinen Büchern noch etwa 440.000 Dollar.
Honorar-Debatte schadet Steinbrücks Beliebtheit in Umfragen
Jedenfalls scheint die Debatte Steinbrück zu schaden. Nach dem am Donnerstag veröffentlichten Deutschlandtrend der ARD erklärten zwar 56 Prozent der Befragten, sie fänden es grundsätzlich richtig, dass erfahrene Politiker ihre Gedanken auch in Büchern veröffentlichen oder bezahlte Vorträge halten. 43 Prozent sehen das nicht so. Trotzdem vermuten 67 Prozent, dass hier im konkreten Fall die Nebentätigkeiten Steinbrücks Position bei der Bundestagswahl schwächen.
Fußball-Fan Peer Steinbrück
Im direkten Vergleich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) fiel Steinbrück zurück. Gäbe es eine Direktwahl, würden sich 53 Prozent für Merkel entscheiden (plus 4 Punkte) und nur noch 36 Prozent für Steinbrück (minus 2 Punkte). Für den Deutschlandtrend wurden insgesamt 1.505 Bundesbürger befragt.
Steinbrück appelliert an Selbstkritik der Medien
Steinbrück merkte an, es müsse "gelegentlich sehr selbstkritisch darüber nachgedacht werden", wie mit Politikern umgegangen wird. "Wie wird eine Atmosphäre geschaffen, wo viele Menschen auch gezielt nicht mehr politische Mandate anstreben, weil sie den Eindruck haben, dass sie anschließend sehr schnell diskreditiert werden", sagte der designierte Kanzlerkandidat. (dapd)