Die Angst vor einer Ausweitung des syrischen Bürgerkriegs auf die gesamte Region wächst. Am Wochenende drangen syrische Panzer in die entmilitarisierte Zone auf den Golanhöhen nahe der Grenze zu Israel ein.

Beirut (dapd). Die Angst vor einer Ausweitung des syrischen Bürgerkriegs auf die gesamte Region wächst. Am Wochenende drangen syrische Panzer in die entmilitarisierte Zone auf den Golanhöhen nahe der Grenze zu Israel ein. Die israelischen Streitkräfte gingen allerdings davon aus, dass der Vormarsch am Samstag keine Aggression gegen Israel darstellte, sondern im Zusammenhang mit den Kämpfen gegen die Aufständischen in Syrien stand.

Bei einer Konferenz der syrischen Opposition in Katar deutete sich unterdessen Streit an. Der Dissident Riad Seif stellte zu Beginn des fünftägigen Treffens einen Plan vor, der den Einfluss des derzeit dominierenden Syrischen Nationalrats zurückdrängen würde. Die Exil-Organisation soll in einem 50-köpfigen Führungsgremium nur noch 15 Sitze erhalten, um Platz für die in Syrien kämpfenden Rebellen zu machen. Nationalratschef Abdelbasset Sieda hingegen verlangte 40 Prozent der Mandate.

Derweil griffen Rebellen einen Luftwaffenstützpunkt im Norden des Landes an und lieferten sich heftige Gefechte mit den Regierungstruppen von Präsident Baschar Assad. Auch aus anderen Teilen Syriens wurden am Sonntag wieder Kämpfe gemeldet. In der syrischen Hauptstadt Damaskus explodierte Medienberichten zufolge am Sonntag nahe einem großen Hotel ein Sprengsatz. Die staatliche Nachrichtenagentur SANA meldete zudem, im Nordosten des Landes sei ein führendes Mitglied der regierenden Baath-Partei erschossen worden.

Israel beschwert sich bei UN-Blauhelmen

Nachdem am Samstagnachmittag drei syrische Panzer in die Pufferzone auf den Golanhöhen vorgerückt waren, legte Israel Beschwerde bei der dort stationierten UN-Friedenstruppe ein, wie eine Sprecherin der Streitkräfte mitteilte. Die Panzer sowie zwei gepanzerte Transportfahrzeuge seien wenige Kilometer von israelischen Stützpunkten entfernt vorbeigefahren, berichtete die Nachrichtenwebsite Ynet. Sie seien in das Dorf Bir Adscham eingedrungen und hätten sich an Kämpfen gegen syrische Rebellen beteiligt. Zuvor seien bereits mehrere Mörsergranaten in der entmilitarisierten Zone eingeschlagen, berichtete Ynet.

Die relativ zurückhaltende Reaktion der israelischen Streitkräfte deutete darauf hin, dass sie die Panzer nicht als direkte Bedrohung wahrnahmen. Dennoch habe das Nordkommando seine Soldaten in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt, berichtete die "Jerusalem Post" auf ihrer Internetseite.

Der erste derartige Vorfall auf den Golanhöhen seit fast 40 Jahren nährte die Befürchtung, der syrische Bürgerkrieg könnte sich auf die Region ausweiten. Israel hatte die Golanhöhen im Sechstagekrieg 1967 erobert und später annektiert.

Am Samstag lieferten sich syrische Aufständische schwere Kämpfe mit Regierungstruppen um einen Luftwaffenstützpunkt im Norden des Landes, wie die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete. Taftanas liegt nahe der strategisch wichtigen Landstraße zwischen Damaskus und der Wirtschaftsmetropole Aleppo. Auf dem Stützpunkt sind vor allem Hubschrauber stationiert.

Islamistische Kämpfer sollen unter den Aufständischen sein

Unter den Rebellen seien auch Angehörige der islamistischen Gruppe Dschabhat al Nusra gewesen, berichtete die Beobachtungsstelle. Die Mitglieder der vom Terrornetzwerk Al-Kaida inspirierten Organisation gelten als erfahrene und disziplinierte Kämpfer. In den vergangenen Monaten griffen sie immer wieder Stellungen der Streitkräfte im Norden des Landes an.

Mit der Offensive gegen Luftwaffenbasen versuchen die Rebellen offenbar, die Lufthoheit der syrischen Streitkräfte zu brechen. Zuletzt hatte die Luftwaffe ihre Angriffe erheblich ausgeweitet und dabei auch zahlreiche Zivilisten getötet. Aktivisten berichteten am Wochenende von Luftangriffen auf Rebellenhochburgen in Vororten von Damaskus. Mindestens zehn Menschen seien bei den Angriffen vom Samstag getötet und Dutzende weitere verwundet worden, berichtete die Beobachtungsstelle.

Die staatliche Nachrichtenagentur SANA meldete am Sonntag, Bewaffnete hätten den führenden Baath-Funktionär Ismail al Hamadeh im Morgengrauen in dessen Haus in der Provinz Rakka erschossen. Die Hauptstadt Damaskus wurde Medienberichten zufolge unterdessen von einer Explosion erschüttert. Bei der Detonation einer Autobombe nahe einem großen Hotel seien am Sonntag mehrere Menschen verletzt worden, berichtete der regierungsnahe Fernsehsender Ichbarijeh. Das Hotel liegt 500 Meter von einem Gebäude entfernt, in dem der Stabschef des Heeres seinen Sitz hat.

(Barbara Surk und Jamal Halaby sind Korrespondenten der Nachrichtenagentur AP)

© 2012 AP. All rights reserved