London. Europa-kritische Hardliner der Konservativen haben Regierungschef eine schwere Schlappe zugefügt: Sie stimmten gemeinsam mit der oppitionellen Labour-Partei gegen Cameron und wollen ihn so zwingen jede Erhöhung des EU-Haushalts abzulehnen. Damit steht die Finanzplanung Europas auf der Kippe.

Der britische Premierminister David Cameron hat am Mittwoch einmal mehr die starken Spannungen innerhalb seiner Koalition aus Konservativen und Liberaldemokraten zu spüren bekommen: Mit knappem Ergebnis verlor er am Abend eine Parlamentsabstimmung zur Frage der EU-Haushaltsplanung für die Jahre 2014 bis 2020. Das Gemeinschaftsbudget ist auch zwischen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union heftig umstritten.

Eine Gruppe von Hardlinern bei Camerons Konservativen verlangte, jede Erhöhung des Budgets abzulehnen, und verbündete sich mit der oppositionellen Labour-Partei. Gegen Camerons Haltung, einer Erhöhung der Brüsseler Haushaltsmittel nur in Höhe eines Inflationsausgleichs zuzustimmen und ansonsten sein Veto einzuelegen, stimmten 307 Abgeordnete. Unterstützung erhielt der Premier von 294 Parlamentariern.

Tiefe gräben bei den Konservativen

Den dutzenden konservativen Abgeordneten, die sich in dem Votum gegen Cameron wandten, geht sein Vorschlag nicht weit genug. Angesichts umfangreicher Sparmaßnahmen in Großbritannien fordern sie auch eine Kürzung des EU-Budgets. Die Abstimmung im Parlament hatte bezüglich Camerons Vorgehen keinen bindenden Charakter, dürfte aber die Gräben zwischen EU-skeptischen Konservativen und EU-freundlichen Liberalen in der Koalition weiter vertiefen.

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In der Debatte vor der Abstimmung sagte Cameron, seine Regierung sei diejenige mit der "härtesten Haltung bei Haushaltsberatungen seit unserem Beitritt zur Europäischen Union". "Er ist im Ausland geschwächt, und er ist hier geschwächt", beschied hingegen Labour-Chef Ed Miliband dem Premierminister.

Der EU-Mehrjahreshaushalt soll nach einem Vorschlag der Kommission rund eine Billion Euro umfassen und somit mehr als in der vorherigen Periode. Rückendeckung für die Erhöhung gibt es von vielen osteuropäischen Ländern um Polen, die besonders von EU-Hilfszahlungen profitieren.

Auch Deutschland fordert Kürzungen

Deutschland gehört zur Gruppe der reichen Nettozahler, die den Kommissionsentwurf als zu hoch ablehnen und eine Kürzung um mindestens hundert Milliarden Euro fordern. Der Streit soll auf einem EU-Sondergipfel am 22. und 23. November in Brüssel beigelegt werden. Ob das gelingt, steht nach der Abstimmungsnioederlage Camerons in den Sternen. Denn der Brite steht nun unter Druck und wird mit harten Bandagen kämpfen, um die innerparteiliche Opposition zuhig zu halten.

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Aber auch Frankreich droht mit einem Veto, sollte ein Kompromiss ihre nationalen Interessen verletzen. Die Regierung in Paris will keinen Haushalt akzeptieren, "der die Mittel der Gemeinsamen Agrarpolitik nicht beibehält". Frankreich ist der größte Nutznießer der landwirtschaftlichen Subventionen, die knapp 40 Prozent des Budgets ausmachen.

Mit Deutschland pochte zudem noch ein dritter Nettozahler auf Nachbesserungen im Kompromissvorschlag der zyprischen Ratspräsidentschaft, der den Staaten in der Nacht zum Dienstag übermittelt wurde. Die angeregten Kürzungen von 50 Milliarden Euro gegenüber dem Haushaltsentwurf der EU-Kommission reichten bei weitem nicht aus, erklärte Außenamts-Staatsminister Michael Link. "Was die Qualität der Ausgaben betrifft, so hat die Präsidentschaft aus unserer Sicht die Akzente noch nicht richtig gesetzt."

Die Bundesregierung wolle deshalb mit großem Nachdruck auf ein "modernes Budget" drängen. Deutschland versteht darunter, in Zeiten knapper Kassen Ausgaben gezielter auf Wachstum und eine größere Wettbewerbsfähigkeit der 27 EU-Staaten auszurichten. Deutschland will seit Jahren die Agrarausgaben senken, die weiterhin einen Großteil des EU-Budgets fressen - und das Geld lieber in die Entwcklung neuer Technologien, die Forschung und die Ausbildung investieren. (afp/rtr)