Washington. Ein Republikaner mit kruden Thesen zu Vergewaltigungen bringt kurz vor der US-Wahl Kandidat Mitt Romney in Bedrängnis. Richard Mourdock, entschiedener Abtreibungsgegner, sagte, Schwangerschaften nach Vergewaltigungen seien “von Gott gewollt“. Das Romney-Lager distanzierte sich umgehend.

Zwölf Tage vor der Wahl in Amerika hat erneut ein prominenter Republikaner mit Äußerungen zum Thema Abtreibung Obama-Herausforderer Mitt Romney in die Bredouille gebracht und moderate weibliche Wählerschichten aufgeschreckt. Richard Mourdock (61), Kandidat für den Senat im Bundesstaat Indiana, hatte öffentlich durch Vergewaltigung entstandene Schwangerschaften als von Gott gewollt bezeichnet und so seine generelle Ablehnung von Abtreibungen begründet.

Mourdock wird maßgeblich von der Tea-Party-Bewegung gestützt, die für einen gesellschaftspolitischen Rechtsruck innerhalb der republikanischen Partei verantwortlich ist. Die Vorsitzende der Demokratischen Partei, Debbie Wasserman Schultz, nannte Mourdocks Einlassungen „unfassbar und erniedrigend für Frauen“.

Romney lässt verlauten, dies sei nicht seine "Sichtweise"

Weil Frauen bei der Wahl am 6. November nach Überzeugung von Demoskopen den Ausschlag geben werden und Präsident Obama hier bislang eindeutig im Vorteil ist, reagierte das Romney-Lager umgehend und distanzierte sich von Mourdocks Kernaussage, die abseits der Tea-Party-Bewegung landesweit einen Aufschrei der Empörung auslöste: „Ich denke, selbst wenn das Leben in der furchtbaren Situation einer Vergewaltigung beginnt, ist dies etwas, was Gott wollte.“

Romneys Sprecherin Andrea Saul ließ verlauten, dies sei nicht Mitt Romneys „Sichtweise“. Im Lager der Demokraten, die sich „schockiert“ über Mourdock zeigten, wurde aufmerksam registriert, wie behutsam Romney seine Kritik formulieren ließ. Als vor wenigen Wochen der Senats-Kandidat von Missouri, Todd Akin, seine Gegnerschaft zur Abtreibung damit erklärte, dass der weibliche Körper bei einer Vergewaltigung eine Schwangerschaft quasi automatisch verhindere, drängte ihn Romney kurzerhand zum Rücktritt. Vergebens. Akin, getragen von der Tea-Party-Bewegung und Millionen militanter Abtreibungsgegner, widersetzte sich.

Parteiprogramm sieht Verbot von Abtreibungen vor

Politische Analysten sehen in Romneys Vorgehensweise ein Indiz dafür, wie der 65-jährige Mormone im Falle eines Wahlsieges voraussichtlich regieren würde. „Der liberale Romney, der zuletzt mehr und mehr moderate Positionen einnahm, um weibliche Wählerstimmen zu bekommen, wäre dann schnell Geschichte“, sagte ein Experte der Georgetown-Universität, „die Tea-Party-Bewegung mit ihren Vertretern im Senat und im Repräsentantenhaus würde dem Präsidenten andernfalls schnell die Gefolgschaft verweigern.“

Zumal sich die Fundamentalisten auf das unlängst in diesem Punkt verschärfte Parteiprogramm der Republikaner beziehen könnten. Auf dem Parteitag Ende August in Tampa schrieb die „Grand Old Party“ fest, dass Abtreibungen generell zu verbieten sind. Selbst im Fall von Vergewaltigung oder Inzest.