Düsseldorf. . Stefan Winter ist Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Ruhr-Uni Bochum. In seinem Buch „Die Studiengebühren-Lüge“ rechnet er mit dem „weltanschaulich verbrämten Gequatsche von sozialer Gerechtigkeit“ ab. Dabei bedient er sich eines Stils, den man im Wissenschaftsbetrieb nicht oft vernimmt.

Stefan Winter verdient als Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Ruhr-Uni Bochum nach eigener Auskunft 5000 Euro netto im Monat. Freiwillig überweise er seiner alten Hochschule in Hannover, an der er selbst gelernt hat, monatlich 100 Euro als „nachträgliche Studiengebühren“. Es war bislang sein eher stiller Protest gegen die Abschaffung des Beitragsmodells an den NRW-Hochschulen durch die rot-grüne Landesregierung. Jetzt hat Winter mit einer bemerkenswerten Schmähschrift nachgelegt, die im akademischen Betrieb und in der Landesregierung für Aufsehen sorgen dürfte.

„Wer wohlhabenden Akademikern wie mir Studienplätze schenkt und das auch noch als Ausfluss gelungener Sozialpolitik verkaufen will, kann weder selbst alle Tassen im Schrank haben noch irgendeine Achtung vor den tatsächlich Benachteiligten dieses Landes“, schreibt Winter in seinem Buch „Die Studiengebühren-Lüge“ (Europäischer Universitätsverlag, 9,90 Euro), das er gemeinsam mit dem Doktoranden Alexander Pfitzner verfasste.

Er zerfleddert rot-grüne Werte

Auf 130 Seiten zerlegen die Autoren das rot-grüne Credo von der „Bildungsfreiheit für alle“ und befleißigen sich dabei eines Tons, den man im Wissenschaftsbetrieb nicht oft vernimmt. Die These, dass Studiengebühren arme Kinder von den Unis ausschlössen, sei trivial, dumm und falsch. Es profitierten heute Besserverdienende, die zumindest nach dem Examen der Gemeinschaft der Steuerzahler einen Teil ihrer Ausbildungskosten zurückzahlen sollten. Das Ergebnis „gerechter“ Gebührenfreiheit seien Studentenmassen, die auf den Hörsaal-Treppen kauerten.

Winter weiß, dass seine Streitschrift gegen das „weltanschaulich verbrämte Gequatsche von sozialer Gerechtigkeit“ nicht ohne Echo bleiben dürfte. Bislang seien Befürworter von Studiengebühren im Landtag dem Totschlagargument „sozialer Kälte“ hilflos begegnet.

„Ich gelte als soziales Dreckschwein“

Selbst ein Thesenpapier Winters und anderer Bochumer Forscher pro Studienbeiträge fand 2010 wenig Beachtung. Daher nun der Versuch einer „emotionalen Antwort“, die vor Polemik strotzt. Winter stellt etwa in den Raum, dass gut verdienende Landtagspolitiker mit der Abschaffung der „Campus-Maut“ nicht zuletzt die eigenen Kinder und den eigenen Geldbeutel schonen wollten. Das Buch ist nie langweilig und schrammt erfrischend an der Freiheitsgrenze der Forschung entlang. Fürchtet er Konsequenzen? „In einigen Kreisen“, so Winter, „gelte ich ohnehin als soziales Dreckschwein.“