Washington. Die Republikaner um Kandidat Mitt Romney schlachten die tödlichen Attacken auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi gegen Amtsinhaber Obama massiv aus

Der Tod des amerikanischen Botschafters und drei seiner Mitarbeiter bei dem Überfall auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi vor vier Wochen in den Mittelpunkt des Präsidentschaftswahlkampfes. Bereits am Dienstag in der zweiten Fernseh-Debatte zwischen Mitt Romney und Barack Obama könnte der seit Tagen schwelende Krach eskalieren.

Der republikanische Kandidat und sein Mitstreiter für den Vize-Posten, Paul Ryan, werfen der Obama-Regierung nicht nur Verschleierung und Lügen im Zusammenhang mit den gewalttätigen Ausschreitungen am 11. September vor, in deren Verlauf US-Botschafter Chris Stevens starb. Sie nehmen den Vorfall zum Anlass, der Außenpolitik des Präsidenten „Auflösungserscheinungen“ zu attestieren.

Ziel der Republikaner ist es nach Angaben von politischen Analysten in Washington, Obamas „von der Bevölkerung anerkannt gute Bilanz im Kampf gegen den internationalen Terrorismus in Zweifel zu ziehen“. Sie ist eng mit der Liquidierung von El Kaida-Chef Osama Bin Laden und dem Ressourcen schonenden, gleichwohl von Menschenrechtlern heftig kritisierten Einsatz von unbemannten Drohnen verbunden.

Munition für die Attacken der Republikaner gab ausgerechnet Vize-Präsident Joe Biden in der von rund 52 Millionen Amerikanern verfolgten Fernseh-Debatte am Donnerstag. Bidens Kern-Aussage, wonach das Weiße Haus keine Kenntnis davon gehabt habe, das die Botschaft in Libyen mehr Sicherheitspersonal rund um die diplomatischen Niederlassungen gefordert habe, „leugnet die Tatsachen“, sagt Romney.

Er bezieht sich dabei auf Eric Nordstrom, der bis vor wenigen Wochen Sicherheitschef an der US-Botschaft in der libyschen Hauptstadt Tripolis war. Nordstrom hatte vor einem Kongress-Ausschuss vor wenigen Tagen ausgesagt, dass das Außenministerium in Washington die für gewöhnlich aus Elite-Soldaten der Marines bestehende Wachmannschaft abgezogen und die Sicherung in Tripolis libyschen Kräften überlassen habe.

Außenministerin Hillary Clinton ließ die Unterstellung Romneys umgehend dementieren. Das Weiße Haus räumte indes Sicherheitsmängel in Bengasi ein, sie seien angesichts von vier toten Amerikanern offensichtlich, sagte Regierungssprecher Jay Carney. Inoffiziell hieß es aus Regierungskreisen, dass die mutmaßlich von Terror-Gruppen aus dem Umfeld des Netzwerks El Kaida verübten Anschläge so überraschend und heftig gewesen, dass „einige Sicherheitskräfte mehr oder weniger die Tragödie wohl nicht verhinderten hätten“.

Die Wahl-Kampagne von Mitt Rommey und hochrangige republikanische Abgeordnete und Senatoren charakterisierten Ereignisse in Bengasi als Indiz dafür, dass die Obama-Regierung die nationale Sicherheit nicht garantieren könne. Zudem sei die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung katastrophal gewesen. Zunächst, so Paul Ryan in der TV-Debatte, wurde der Eindruck erweckt, das umstrittene Anti-Mohammed-Video sei die Ursache für den Menschenauflauf vor dem Konsulat in Bengasi gewesen. Erst Tage später sei der Fall vom Weißen Haus als Terror-Akt mit Verbindung zu El Kaida eingestuft worden.

Romney und Ryan pochen auf vollständige Aufklärung. Republikanische Abgeordnete wollen Sonder-Anhörungen im Kongress durchführen. Sie unterstellten der Regierung, „die Wahrheit und nur scheibchenweise zu veröffentlichen; aus Sorge vor negativen Auswirkungen bei der Wahl am 6. November. Außenministerin Clinton wies den Vorwurf der Vertuschung zurück, der Fall sei noch nicht vollends aufgeklärt, Untersuchungen seien abzuwarten.

Experten gehen davon aus, dass die täglich weitere Kreise ziehende Kontroverse, in die auch Angehörige der Opfer hineingezogen werden, Präsident Obama spätestens in der letzten Fernseh-Debatte am 22. Oktober in Florida in Bedrängnis bringen kann. Dort geht es ausschließlich um Außenpolitik. „Ein Präsident, der nicht erklären kann, wie und warum Amerikaner im diplomatischen Dienst sterben mussten, hat ein Problem“, hieß es in einem Blogger-Kommentar des Magazins „Politico“.