Paris/Washington. Die USA sorgen sich um weitere Vergeltungsschläge wegen der Mohammed-Karikaturen. Die französische Regierung geht bereits in Deckung - und schließt vorsichtshalber Botschaften, Konsulate und Schulen. Eine Aktion des Satire-Magazins “Titanic“ könnte die Wut der Muslime auch auf Deutschland lenken.
Die USA befürchten Proteste als Vergeltung für die in einem französischen Satiremagazin veröffentlichten Mohammed-Karikaturen. Die Zeichnungen seien "zutiefst beleidigend" für manche Gläubige und hätten das Potenzial, einen Aufruhr zu entzünden, sagte der Sprecher von US-Präsident Barack Obama, Jay Carney, am Mittwochabend (Ortszeit) in Washington. Gegen das Magazin "Charlie Hebdo" wurde derweil eine Klage eingereicht. Das deutsche Magazin "Titanic" will trotz der anhaltenden Protestwelle in der muslimischen Welt Ende September ebenfalls eine Islam-Ausgabe herausbringen.
"Charlie Hebdo" hatte am Mittwoch eine Reihe von Zeichnungen gedruckt, die sich auf "The Innocence of Muslims" beziehen, jenen islamfeindlichen Schmähfilm, der zu weltweiter Gewalt und Protesten von Muslimen geführt hat. Die französische Staatsanwaltschaft teilte mit, wenige Stunden nach der Veröffentlichung der Karikaturen sei eine Klage eingereicht worden, machte aber keine Angaben zum Kläger. Überdies leitete sie Ermittlungen ein, weil die Internetseite des Magazins offenbar gehackt worden war. - Bereits im November des vergangenen Jahres war ein Brandanschlag auf die Redaktionsräume des französischen Magazins verübt worden, weil das Magazin in einer Ausgabe den Propheten Mohammed zu ihrem "Chefredakteur" ernannt hatte.
Frankreich will 20 Botschaften, Konsulate und Schulen schließen
Aus Angst vor Vergeltung für die Veröffentlichung der Karikaturen kündigte die Regierung in Paris an, weltweit rund 20 Botschaften, Konsulate und Schulen zu schließen. Außenminister Laurent Fabius kündigte am Mittwoch im Radiosender France Info an, dass die diplomatischen Vertretungen Frankreichs am kommenden Freitag geschlossen bleiben sollten, und auch Deutschland will die Sicherheitsvorkehrungen angesichts der Proteste verstärken.
Wie Außenamtssprecher Andreas Peschke in Berlin mitteilte, soll zu einzelnen deutschen Vertretungen zusätzliches Personal geschickt werden. Ob am Freitag die deutschen Botschaften in muslimischen Ländern ebenfalls geschlossen werden, ließ er allerdings offen.
"Titanic"-Aktion könnte die Wut auf Deutschland lenken
Die mögliche Veröffentlichung einer Islam-Ausgabe im deutschen Satire-Blatt "Titanic" könnte die Wut der Demonstranten auch wieder auf Deutschland lenken. Auf dem Entwurf des Titelblatts soll einem Bericht der "Financial Times Deutschland" zufolge Bettina Wulff in den Armen eines islamischen Kriegers mit Turban und Schwert zu sehen sein, der offenbar den Propheten Mohammed darstellen soll. "Der Westen in Aufruhr - Bettina Wulff dreht Mohammed-Film!" soll die Schlagzeile lauten.
"Titanic"-Chefredakteur Leo Fischer verteidigte auch die in der französischen Satirezeitung "Charlie Hebdo" erschienen Mohammed-Karikaturen und nannte sie eine richtige Reaktion auf die "wahnsinnigen Ausschreitungen". "Satire darf und muss alles", sagte Fischer.
"Oh, Amerika, du bist Gottes Feind."
In zahlreichen muslimisch geprägten Ländern in Afrika und Asien gab es am Mittwoch erneut massive Proteste. Zehntausende Menschen gingen in der libanesischen Hafenstadt Tyros auf die Straßen und riefen "Oh, Amerika, du bist Gottes Feind". Seit dem Beginn der Ausschreitungen am 11. September in mehr als 20 Ländern wurden durch Gewalt mindestens 30 Menschen getötet, darunter der US-Botschafter in Libyen. (dapd/tap)