New York. Im Gedenken an die Terroranschläge vom 11. September 2001 erscheinen die USA in Trauer vereint. Doch ausgerechnet die Fertigstellung der zentralen Gedenkstätte am Ground Zero ist derzeit blockiert. Die Kosten für das geplante Museum steigen, der Eröffnungstermin rückt in die Ferne. Unerträglich, sagen Angehörige von Opfern.
Jedes Jahr seit dem 11. September 2001 wird an der Südspitze Manhattans einmal besonders intensiv der 2983 Toten gedacht, die in den Türmen des World Trade Centers, an Bord der Flugzeuge und im Pentagon in Washington starben. Moll-Töne, Pathos, Tränen und unauslöschbare Fassungslosigkeit prägen diese Gedenktage.
Wer schon einmal da stand, wo am Dienstag vor elf Jahren nicht nur zwei brennende Wolkenkratzer in sich zusammensackten, sondern auch das uramerikanische Gefühl der Unbezwingbarkeit, der weiß um die Stille und Andacht erzeugende Wirkung der Architektur von Michael Arad. Der oberirdische Teil der Gedenkstätte besteht aus zwei quadratischen Becken, von deren Rändern Wasserfälle in die Tiefe stürzen, die wiederum wie in einem großen schwarzen Ausguss im Boden verschwinden.
9/11-Museum eröffnet wohl erst 2014
Irgendwo darunter sollte es rund um den Tag der Erinnerung eigentlich eröffnen, das riesige Museum (1 Hektar Grundfläche), das nicht nur die Gesichter der Opfer zeigt, deren Namen an den Beckenrändern der Pools eingraviert sind. Sondern auch multimedial und interaktiv die gesamte Geschichte einer nationalen Wunde, die nicht mehr blutet. Aber unaufhörlich schmerzt.
Wenn aber die Familien der Opfer am frühen Morgen des Jahrestags zum Memorial strömen, bleibt die Museumstür weiter geschlossen. Ein bizarrer Streit zwischen den beteiligten Behörden wird die Fertigstellung wohl noch auf Jahren blockieren. Die Rede ist inzwischen von 2014. Es geht um Eitelkeiten. Und viel, viel Geld.
"Ohne ein Museum sagt diese Gedenkstätte nichts aus"
Edie Lutnick macht das wütend. Die Schwester von Gray Frederick Lutnick, der zu den Opfern gehört, ist eine der vehementesten Kritikerinnen der Hängepartie. “Ohne ein Museum sagt diese Gedenkstätte nichts aus”, poltert sie. “niemand erfährt, was hier passiert ist – und wem.”
Weil Tausende, die im Internet debattieren, ähnlich denken, müssten den Verantwortlichen die Ohren klingen. Aber Bürgermeister Michael Bloomberg, Chef der Stiftung 9/11 und zahlungskräftiger Spender für das Museum, liegt im Clinch mit dem Gouverneur des Bundesstaates New York, Mario Cumo, und dem Gouverneur von New Jersey, Chris Christie. Alle haben sie ein gewichtiges Wort mitzureden, wenn es um das Areal in der Nähe der Wall Street geht, das seit der Eröffnung vor einem Jahr rund 4,5 Millionen Menschen besucht haben.
Die Ausgangslage sah ein Budget von einer Milliarde Dollar vor. 700 Millionen sollte die Stiftung auftreiben, den Rest steuern der Bundesstaat New York und die Port Authority bei. Laut Cuomo kostet das Projekt aber mittlerweile 300 Millionen mehr. Und ein Ende ist nicht in Sicht.
Hängepartie um die 9/11-"Memorial Plaza"
Für die prominente Anwältin Ira Millstein, die im Stiftungsrat sitzt, ist die Hängepartie unerträglich. “Es wäre eine Katastrophe, wenn nicht bald eine Lösung gefunden wird”, sagt sie, “die Menschen warten darauf.” Aber selbst wenn. Auf lange Sicht verspricht der Ort des Innehaltens ein Zankapfel zu werden.
Auf 60 Millionen Dollar pro Jahr werden die Unterhaltungskosten geschätzt, 15 Millionen allein für die Sicherheitsvorkehrungen mit bewaffneten Aufsichtskräften auf der “Memorial Plaza”, die nicht viel von den Sicherheitsschleusen am Flughafen JFK unterscheidet. Zum Vergleich: Der Soldatenfriedhof von Arlington nahe Washington, auf dem 14 000 Gräber zu unterhalten sind, kommt mit 45 Millionen Dollar aus.
Beobachter von US-Medien rechnen damit, dass Bloomberg, ein Milliardär, noch einmal selbst Geld in die Hand nimmt. “Er scheidet 2013 aus dem Amt”, sagte ein Insider dem Sender CNN, “sein Baby soll bis dahin auf der Welt sein.”
Planer rechnen mit zwölf Dollar Eintritt pro Besucher
Aber die Zeit wird knapp. Mindestens ein Jahr Bauzeit benötigt das sieben Stockwerke unter der Erde liegende Museum noch, sagt die zuständige Port Authority. Mindestens drei Monate werden für die Installation der Ausstellungsstücke veranschlagt, die vorwiegend in New Mexiko zwischengelagert sind.
Ist alles fertig, muss wohl auch der Besucher nennenswert in die Tasche greifen. Zwar sind die Eintrittsgebühren noch nicht endgültig festgeschrieben. Aber man orientiert sich bereits an den zwölf Dollar pro Kopf, die fällig werden, wenn man die Gedenkstätte für die Bombenopfer von 1995 in Oklahoma City in Augenschein nehmen will.