Charlotte. Der beliebte Ex-Präsident verteidigte in einer kämpferischen Rede den Amtsinhaber gegen die Kritik der Republikaner und hielt nach Ansicht von Beobachtern eine vielleicht wahlentscheidende Rede auf dem Parteitag der Demokraten. Clinton lobte den amtierenden Staatschef dafür, sich immer um eine überparteiliche Politik bemüht zu haben. Dies sei aber am Widerstand der Republikaner gescheitert.

Zwei Reden werden nun in Amerika vergleichend unter das nationale Mikroskop gelegt und die nächsten Wochen des Wahlkampfes prägen: die Abschlussrede von Präsident Barack Obama auf dem Parteitag der Demokraten in North Carolina. Und die am Vorabend auf ihn gemünzte Lobeshymne des früheren Präsidenten Bill Clinton.

Der 66-Jährige hielt vor 25 000 Zuhörern in der Arena von Charlotte ein 50-minütiges Wiederwahl-Plädoyer für den Amtsinhaber, das nach Meinung vieler US-Medien so „überzeugend, begeisternd und nachvollziehbar“ geriet, dass es unentschlossene Wähler in die „Arme Obamas treiben kann“. Alex Castellanos, früherer Berater des republikanischen Herausforderers Mitt Romney, sagte dem Sender CNN: „Das war vielleicht der Moment, in dem Obama die Wahl gewonnen hat.“

Widrigste Startbedingungen

Clinton verteidigte die von hoher Arbeitslosigkeit, dramatischer Neuverschuldung und wirtschaftlicher Erholung im Zeitlupentempo eingetrübte Bilanz von Obamas erster Amtszeit mit einer Detail-Analyse gegen die Fundamental-Kritik der Republikaner, die eine Politik der sozialen Kälte und Spaltung verfolgten. Anders als die Opposition behaupte, habe Obama in den ersten vier Jahren bei widrigsten Startvoraussetzungen den Grundstein für eine zukunftsweisende Wirtschaft und sozial gerechter verteilten Wohlstand geschaffen, erklärte Clinton.

Im Januar 2009, Zeitpunkt der Übernahme der Amtsgeschäfte von Georg W. Bush, habe Amerika 800 000 Jobs verloren, sagte Clinton. Bis heute seien unter Obama 4,5 Millionen neue Jobs in der Privatwirtschaft geschaffen worden; und damit die Grundlage für eine anhaltende Gesundung in den kommenden Jahren. „Lasst Obama im Amt“, rief Clinton seinen Landsleuten zur besten Fernsehsendezeit zu, „wenn Sie den Vertrag mit dem Präsidenten verlängern, dann werden Sie das auch spüren. Davon bin ich aus tiefstem Herzen überzeugt.“

Werben um die Mittelschicht

Der in Umfragen auf einsam gute Beliebtheitswerte von 70 % kommende Clinton sprach der Kritik der Republikaner jede Legitimität ab. „Wir haben Obama einen Totalschaden hinterlassen, er hat ihn nicht zügig genug repariert, also feuert ihn und lasst uns wieder an die Macht“, laute deren Motto. Clintons Konter: „Kein Präsident, weder ich noch einer meiner Vorgänger, hätte binnen vier Jahren die Katastrophe bewältigen können, die Obama vorgefunden hat.“

Clintons oft von lautstarkem Applaus unterbrochene Rede zielte in Wortwahl und Diktion auf die verunsicherte Mittelschicht und weiße Wähler aus der Arbeiterklasse. Beide Gruppen sind wahlentscheidend. In beiden Lagern genießt Clinton aus seiner Amtszeit (1993-2001), mit der großer wirtschaftlicher Erfolg verbunden ist, noch immer höchstes Ansehen.