Jerusalem. Der israelische Ministerpräsident Netanjahu fordert mehr Entschlossenheit gegen den Iran. Die bisherigen Sanktionen hätten den Iran nicht davon abgehalten, sein Atomprogramm auszuweiten. Teheran weist die Vorwürfe zurück. Bundeskanzlerin Merkel plädiert für eine diplomatische Lösung im Atomstreit.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat der internationalen Gemeinschaft Nachlässigkeit gegenüber dem Iran wegen dessen Atomprogramms vorgeworfen. "Ich denke, wir sollten die Wahrheit aussprechen - die internationale Gemeinschaft zieht keine klare rote Linie für den Iran", sagte Netanjahu am Sonntag zum Auftakt einer Kabinettssitzung. Weil international nicht mit Entschlossenheit gegen das iranische Atomprogramm vorgegangen werde, sehe Teheran auch keinen Anlass, seine Nuklearpläne aufzugeben.

Netanjahu nahm damit auch Bezug auf den jüngsten Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) vom vergangenen Donnerstag, demzufolge der Iran seine Urananreicherungsanlage in Fordo erweitert hat. Die Zahl der Zentrifugen zur Anreicherung von Uran seien in der unterirdischen Anlage seit Mai auf 2000 verdoppelt worden, hieß es in dem IAEA-Bericht.

Netanjahu: "Iran darf keine Atomwaffe besitzen"

Netanjahu sagte dazu, gegen Teheran verhängte internationale Sanktionen träfen zwar die dortige Wirtschaft, hielten das Land indes offensichtlich nicht davon ab, sein Atomprogramm auszuweiten. Bis der Iran keine Entschlossenheit sehe, werde er den Ausbau seines Atomprogramms nicht stoppen, sagte der Regierungschef weiter. Und: "Der Iran darf keine Atomwaffe besitzen."

Die deutlichen Worte Netanjahus spiegeln den wachsenden Unmut Israels über das zurückhaltende Vorgehen seiner Verbündeten - vor allem der USA - gegenüber dem Iran wider. Die USA und Israels werfen dem Iran vor, heimlich an der Entwicklung von Atomwaffen zu arbeiten. Teheran weist dies zurück und betont sein Recht auf die zivile Nutzung der Kernenergie.

Netanjahu warf Teheran vor, mit den wiederholten Gesprächsrunden mit der 5+1-Gruppe, die fünf UN-Vetomächte und Deutschland, lediglich "Zeit zu schinden". Die Gespräche über das iranische Atomprogramm brachten bislang keinen Durchbruch.

Merkel und Ban Ki Moon plädieren für friedliche Lösung

Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte von der Regierung in Teheran "konkrete Schritte" zur Lösung des Atomkonflikts gefordert. Mit Blick auf Israels Drohung mit einem Militärangriff auf iranische Atomanlagen erklärte Ban, dass der Streit nur auf diplomatischen und friedlichen Wege gelöst werden könne.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) plädiert für eine diplomatische Lösung. Sie hat die israelische Regierung vor wenigen Tagen gedrängt, auf einen Angriff auf iranische Atomanlagen zu verzichten. In einem Telefonat mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu soll Merkel auf die möglichen Folgen eines solchen Militäreinsatzes für die Stabilität der Nahost-Region, aber auch der Europäischen Union verwiesen haben. Das berichtete die Zeitung "Haaretz" mit Bezug auf einen israelischen Vertreter. (afp/dapd)