Tampa. . Obamas Herausfoderer attackiert den Gegner. Wie er seine eigenen Pläne umsetzen will, sagt er in seiner mit Spannung erwarteten Rede auf dem Parteitag der Republikaner nicht. Eine Analyse.

Die Konfetti-Berge sind weggeräumt, der letzte Luftballon ist geplatzt, die Musik ist aus. Mit einem Abstecher ins überschwemmte Louisiana hat der frisch gekürte republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney gestern die Zwischenstation Tampa abgehakt und die Karawane auf das nächste Ziel verpflichtet. Der Wahlkampf in Amerika kennt kein Innehalten. Das aber halten viele Kommentatoren nach dem dreitägigen Polit-Zauber in Florida für notwendig.

Im Mittelpunkt der Analysen nach Romneys Rede stand der Vorwurf einer „unschuldig verpackten Lüge“. Romney hatte, um von Obama enttäuschte Wähler für sich zu gewinnen, einen überparteilichen Ton angeschlagen. Dass 2008 „viele Amerikaner eine frische Begeisterung über die Möglichkeiten eines neuen Präsidenten verspürt haben“, dafür habe er Verständnis. „Ich hätte mir gewünscht, Präsident Obama wäre erfolgreich gewesen. Weil ich will, dass Amerika erfolgreich ist.“

Keine Fakten, keine Details

Dass seine Partei, die Republikaner, nachweisbar „im Kongress jeden Versuch unternahmen, Obama auch den kleinsten politischen Erfolge nicht zu gestatten“ (New York Times), fiel dabei unter den Tisch. Diese „Unaufrichtigkeit“ (Los Angeles Times) fand aus Kritiker-Sicht ihre Entsprechung in der Darbietung des Plans, mit dem Romney Amerika wieder „zu alter Größe“ bringen will.

Die Ankündigung, in den ersten vier Jahren zwölf Millionen Jobs zu schaffen, sei genauso „worthülsenhaft und dürftig“ (Washington Post) wie sein Fünf-Punkte-Plan, der Energieunabhängigkeit vom Ausland bis 2020 vorsieht, zudem ein besseres Bildungssystem, radikalen Schuldenabbau sowie weniger Steuern und Regulierungen für Unternehmen.

„Großspurig bescheiden“

Vor allem ein Satz hallt nach. „Obama hat versprochen, das Ansteigen der Weltmeere zu verlangsamen und den Planeten zu heilen“, sagte Romney und machte unter ironischem Gelächter der Delegierten, von denen viele den Klimawandel für eine Erfindung von Greenpeace halten, eine Kunstpause. Seine Fortsetzung: „Ich verspreche, Ihnen und Ihren Familien zu helfen.“

Wer so „großspurig bescheiden“ auftrete, müsse Fakten liefern, folgerten Analysten auf dem Fernsehkanal MSNBC. Romney wollte nicht liefern. Erst recht keine Details. Anstatt den gewaltigen Informationsbedarf über die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme zu befriedigen oder zumindest anzudeuten, wo gespart werden soll, bewegte sich der Multi-Millionär im Stile eines „Missionars, der sagt: Fragt nicht, folgt und vertraut mir einfach“. Dass Romney dabei Anleihen bei Ronald Reagan nahm, verübelten ihm selbst altgediente Republikaner. Reagan hatte 1980 gegen Jimmy Carter einen großen Stich gemacht, als er die Fernseh-Nation fragte, ob es ihr heute besser gehe als vor vier Jahren.

Image-Korrektur gelungen?

Danach warf er seine Vision eines Amerika, das stark nach außen und gerecht nach innen ist, an die Wand. Bei Romney las sich die Formulierung wie aus einem Beipackzettel für politische Allergien: „Wenn sie damals Begeisterung empfanden, als sie für Barack Obama stimmten, sollten sie das nicht ebenso nun tun, wo er Präsident ist? Sie wissen, dass etwas nicht stimmt mit der Art und Weise, wie er seinen Job gemacht hat, wenn das beste Gefühl, das sie hatten, sich an dem Tag einstellte, als sie für ihn stimmten.“ Wie aber Romney seinen Job machen will, welche Zukunftsvision er sich für Amerika ausgedacht hat, vermissten am Ende selbst Wohlgesinnte.

Ob der Versuch gelungen ist, den stets hölzern wirkenden Romney durch die Parteitags-Regie anfassbarer und menschlicher zu machen, darüber gingen die Meinungen weit auseinander. CNN-Beobachter trauten eher der gefühlvollen Rede von Ann Romney Langzeitwirkung zu. Andere konnten bei Romney keine Fortschritte erkennen, sich zu öffnen und einen echten Einblick in seine Persönlichkeit zu geben.