Wiesbaden/Schwerin/Hannover. Horst Seehofer hat einen Alleingang des Bundesrats für ein NPD-Verbotsverfahren ins Gespräch gebracht. Doch seine Aussage, im Zweifel auch nur mit den Ländern und ohne Bundesregierung und Bundestag einen Verbotsantrag stellen zu wollen, trifft nicht in allen Bundesländern auf Gegenliebe.
Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hat sich skeptisch zum Ruf einiger Länder nach einem Alleingang für ein neues NPD-Verbotsverfahren geäußert. Ein Anlauf dazu mache nur Sinn, wenn er auch erfolgreich sei und tatsächlich zu einem Verbot führe, sagte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende auf Anfrage der Nachrichtenagentur dapd.
Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Horst Seehofer hatte am Wochenende einen möglichen Alleingang des Bundesrats für ein Verfahren zum Verbot der rechtsextremistischen Partei ins Gespräch gebracht. Er hatte erklärt, im Zweifel auch nur mit den Ländern und ohne Bundesregierung und Bundestag einen Verbotsantrag stellen zu wollen. Mehrere Landeschefs unterstützen diese Forderung.
Material sammeln und Erfolgsaussichten prüfen
Volker Bouffier empfahl dagegen, es bei dem in der Innenministerkonferenz verabredeten Verfahren zu belassen und erst einmal Material zu sammeln und zu prüfen, ob ein solcher Vorstoß Sinn mache. Er halte es nach wie vor für dringlich, die NPD politisch und gesellschaftlich zu bekämpfen, fügte der hessische Ministerpräsident hinzu.
Der Vorstoß trifft beim derzeitigen Vorsitzenden der Innenministerkonferenz (IMK) auf Zustimmung. Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) sagte auf dapd-Anfrage: "Ich begrüße es, dass bereits jetzt mehrere Ministerpräsidenten aus dem ganzen Bundesgebiet ihre Bereitschaft signalisiert haben, sich im Bundesrat für ein NPD-Verbotsverfahren stark zu machen, sofern die Voraussetzungen dafür vorhanden sind."
Kanzlerin Merkel fürchtet ein zweites Scheitern des Verbotsverfahrens vor dem Verfassungsgericht
Zunächst müsse jedoch noch Material über die NPD gesammelt werden, das Anfang Oktober bewertet werden soll. Er sei aber optimistisch, dass dieses für ein Verbot ausreiche. Die Ministerpräsidenten von Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Thüringen hatten für ein NPD-Verbot plädiert.
Kanzlerin Merkel hält sich derweilen mit eindeutigen Willensbekundungen für einen neuen Verbotsantrag zurück. Ein Verbotsverfahren müsse "sehr gut begründet sein", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. Er fügte hinzu: "Es darf nicht ein zweites Mal vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern." Seibert betonte, die Bundeskanzlerin habe "immer die Gefahr gesehen, dass ein solches Verbotsverfahren scheitern könnte". Das wäre für den Staat und die Demokratie "eine Schlappe. Das muss verhindert werden."
Erstes Verbotsverfahren scheiterte 2003
Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) mahnt zu einer gründlichen Prüfung der Erfolgsaussichten. "Vorher sind Spekulationen und große Verlautbarungen eher schädlich", sagte Schünemann in Hannover auf dapd-Anfrage. Ein Verbot müsse im Vorfeld "seriös vorbereitet werden", betonte er. Die Prüfung und Materialsammlung der Innenminister sollte noch bis zum Herbst andauern.
Das erste Verbotsverfahren scheiterte 2003 beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.(dapd)