Düsseldorf. . In Nordrhein-Westfalen startet zum neuen Schuljahr der islamische Religionsunterricht an Grundschulen. Die bundesweit erste Umsetzung des Projekts ist rechtlich umstritten. Juristen sehen sogar ein Verfassungsproblem, weil der Staat den Religionsunterricht anbietet.

NRW ist das erste Bundesland, das islamischen Religionsunterricht anbietet. Zum neuen Schuljahr startet der bekenntnisorientierte Unterricht für einen zunächst kleinen Teil der insgesamt 320 000 muslimischen Schüler an einigen Grundschulen. Die genauen Zahlen stellt das Schulministerium gerade zusammen. Doch der Ehrgeiz hat seinen Preis: Der Lehrplan wird erst im Herbst fertig sein, und theologisch ausgebildete islamische Religionslehrer gibt es noch nicht.

Der bisher einzige Studiengang „Islamische Religionslehre“ des Landes beginnt erst in diesem Wintersemester an der Universität Münster. Zudem befürchten Kritiker, dass der Staat in den Religionsunterricht eingreift.

Die rot-grüne Landesregierung hatte im vergangenen Jahr zusammen mit der CDU das entsprechende Schulgesetz beschlossen. Die FDP enthielt sich und die Linke stimmte im Landtag dagegen.

Das Projekt ist eine Herzensangelegenheit von Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne), die darin einen „Meilenstein zur Verwirklichung von Grundrechten“ sieht. Mit den Grundrechten ist das aber so ein Problem. Viel mehr mit dem Grundgesetz. Dort steht, dass bekenntnisorientierter Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaft erteilt wird. So soll die Trennung von Staat und Kirche gewährleistet bleiben.

Keine einheitliche Religionsgemeinschaft

Eine einheitliche islamische Religionsgemeinschaft in der Form, wie es die christlichen Kirchen sind, gibt es jedoch in Deutschland nicht. Zu unterschiedlich sind die Strömungen innerhalb der muslimischen Gemeinde. Um dennoch einen Ansprechpartner zu haben, hat die Landesregierung den „Beirat zur Einführung des islamischen Religionsunterricht in NRW“ installiert. Das Gremium besteht aus acht muslimischen Mitgliedern, vier davon haben islamische Organisationen nominiert, vier hat das Schulministerium benannt. Es wählt die Lehrer aus und arbeitet an den Lehrplänen mit.

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Von Gregor Boldt

Juristen sehen das kritisch. Der Beirat ist keine Körperschaft öffentlichen Rechts, sondern beim Ministerium angedockt. Somit ist der Staat quasi an der Gestaltung des Religionsunterrichts beteiligt. Ein Widerspruch zum Grundgesetz. „So lange es keine anerkannte Religionsgemeinschaft gibt, dürfte man den islamischen Religionsunterricht nicht anbieten“, sagte Yvonne Gebauer, Schul-Expertin der NRW-FDP, die das Vorhaben aber prinzipiell unterstützt.

Die Landesregierung weiß um dieses Problem und verweist deshalb darauf, dass der Beirat nur eine Übergangslösung bis 2019 darstellt. Dann sollen die ersten Absolventen des Studiengangs „Islamische Religionslehre“ für den Schuldienst zur Verfügung stehen. So lange übernehmen Islamkunde-Lehrer diese Aufgabe. Das Fach steht in NRW seit 1999 auf dem Lehrplan und wird von 130 Lehrern bekenntnisfrei unterrichtet. Um auch islamische Religion lehren zu dürfen, benötigen sie eine Unterrichtserlaubnis des Beirats.

Blockseminar für Religionslehrer

Die Bewerber sind Islamwissenschaftler muslimischen Glaubens, einen theologischen Hintergrund besitzen sie nicht. Die „notwendigen theologischen und religionspädagogischen Kompetenzen“, sagt das Schulministerium, sind in einem Blockseminar am Wochenende vermittelt worden. Zunächst müssen sie sich jedoch nicht sehr umstellen.

Bis wohl im November der Lehrplan fertig gestellt sein wird, unterrichten sie auf der Basis des Buches „Islamkunde in deutscher Sprache“, das sie kennen.