Die Mehrheit der Deutschen will gewerbsmäßig organisierte Sterbehilfe erlauben. 49 Prozent sind dafür, wie eine Emnid-Umfrage für “Bild am Sonntag“ (BamS) ergab. 41 Prozent plädieren hingegen dafür, Sterbehilfe gegen Geld unter Strafe zu stellen - so wie es jetzt auch die Bundesregierung plant.

Berlin (dapd). Die Mehrheit der Deutschen will gewerbsmäßig organisierte Sterbehilfe erlauben. 49 Prozent sind dafür, wie eine Emnid-Umfrage für "Bild am Sonntag" (BamS) ergab. 41 Prozent plädieren hingegen dafür, Sterbehilfe gegen Geld unter Strafe zu stellen - so wie es jetzt auch die Bundesregierung plant. Mehrere Abgeordnete forderten zudem, dass bei der Bundestagsabstimmung über das heikle Thema der Fraktionszwang aufgehoben wird.

In dem Gesetzentwurf von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) geht es darum, gewerbsmäßig organisierte Sterbehilfe unter Strafe zu stellen. Es soll also strafbar sein, Hilfe zum Suizid anzubieten, um damit Gewinne zu machen.

Für Aufregung sorgt aber nun eine Passage, wonach enge Angehörige oder Freunde Todkranke straflos dabei unterstützen dürfen, organisierte Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen. Diese Strafbefreiung soll ausnahmsweise auch für Ärzte und Pfleger gelten, wenn sie dem Sterbewilligen persönlich sehr nahestehen. Die Bundesärztekammer kritisiert, dies wäre eine "gesetzliche Grundlage für Ärzte als Sterbehelfer".

Die Union im Bundestag pocht deswegen auf Nachbesserungen. Es bedürfe einer Klarstellung im Sinne der Ärzte, sagte Fraktionschef Volker Kauder (CDU) der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Ärzte oder Pflegepersonal dürfen sich nicht am Geschäft mit dem Tod beteiligen."

Kauder bezeichnete die eigentliche Zielrichtung des Gesetzes, das Verbot der gewerblichen Sterbehilfe, als dringend notwendig. "Es darf kein Geschäft mit dem Tod geben", sagte er. Etwas ganz anderes als Sterbehilfe sei es zudem, Menschen beim Sterben zu begleiten und ihnen die Schmerzen zu nehmen. "Das ist eine ganz wichtige Aufgabe der Ärzte", sagte Kauder.

Der Unionsgesundheitsexperte Jens Spahn (CDU) forderte in der "BamS" ebenfalls, die missverständlichen Passagen aus dem Gesetzentwurf entfernen zu lassen.

"Abstimmung auf jeden Fall freigeben"

Mehrere Abgeordnete fordern, bei der Abstimmung den Fraktionszwang aufzuheben. "Die Abstimmung muss auf jeden Fall freigegeben werden", sagte der SPD-Rechtsexperte Edgar Franke der WAZ-Gruppe. Bei der Sterbehilfe gehe es um eine grundsätzliche ethische Frage, wo der Fraktionszwang nichts zu suchen habe.

Ähnlich äußerte sich die pflegepolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Kathrin Senger-Schäfer. Sie forderte überdies, dass sich Leutheusser-Schnarrenberger persönlich äußert und klarstellt, wie sie mit der Kritik umgehen wolle.

"Kein Zukunftskonzept für älter werdende Gesellschaft"

Der Vorsitzende der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, nannte es eine Frechheit, "dass die Justizministerin in solch einer zentralen Frage in Deckung geht".

Zu der Umfrage sagte er der Nachrichtenagentur dapd, diese sei nicht überraschend. "Die Angst vor Pflegebedürftigkeit nimmt schon seit Jahren eine Spitzenposition hierzulande ein." Deshalb sei ein strafrechtliches Verbot des "Todes aus den Gelben Seiten" kein Ersatz für eine bessere Pflegepolitik. "Doch auf eine Pflegereform warten die Deutschen seit Jahren. Es gibt kein Zukunftskonzept für eine älter werdende Gesellschaft."

Der Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Grosse-Brömer (CDU), forderte weitere Diskussionen über die Neuregelung der Sterbehilfe. Die Union lege größten Wert darauf, dass jede Form von gewerblich organisiertem Tod strafrechtlich zu unterbinden sei. Der Gesetzentwurf von Leutheusser-Schnarrenberger sei noch zu unbestimmt, sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Nach Ansicht des Vorsitzenden des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken, Alois Glück, läuft die Diskussion in die falsche Richtung. Statt sich über eine gesetzliche Ausweitungen der Sterbehilfe Gedanken zu machen, müsse die Gesellschaft Alternativen zur Sterbehilfe anbieten - etwa mit einem Ausbau der Palliativ- und Schmerzmedizin.

dapd