Berlin. . Erst die Bankenschelte, jetzt die Reichensteuer: SPD-Chef Sigmar Gabriel schärft sein soziales Profil. Am Wochenende schloss er sich mit einem Aufruf zu mehr „sozialem Patriotismus“ einem Bündnis von Gewerkschaften und Sozialverbänden für eine neue Lastenteilung in Deutschland an.

Mit einem Aufruf zu mehr „sozialem Patriotismus“ hat sich SPD-Chef Sigmar Gabriel einem Bündnis von Gewerkschaften und Sozialverbänden für eine neue Lastenteilung angeschlossen. Die Grünen warfen Gabriel daraufhin Populismus vor und forderten realistische Konzepte von den Sozialdemokraten. Union und FDP monierten am Wochenende, höhere Abgaben träfen die Falschen, nämlich den Mittelstand.

Gabriel verlangt unter anderem die Streichung von Subventionen im Steuerrecht, die Erhöhung der Kapital-, Vermögens- und Erbschaftsbesteuerung und einen höheren Spitzensteuersatz. Es sei gerechtfertigt, von den Wohlhabenden mehr zu verlangen. Hinter Reichtum stecke meist eine große persönliche Leistung. Andererseits werde niemand allein reich. „Immer gehört dazu auch ein Land mit guter Bildung, Rechtsstaat und sozialem Frieden“, sagte der SPD-Vorsitzende der „Süddeutschen Zeitung“.

Linkenchefin Katja Kipping erklärte daraufhin, eine Koalition mit der SPD im Bund sei ohne die Einführung der Reichensteuer ausgeschlossen. „Die Reichensteuer wird Wahlkampfthema. Für uns wird das ein Knackpunkt“, sagte Kipping der WAZ Mediengruppe: „Ohne Reichensteuer keine Regierungsbeteiligung.“ Sie schlug eine Abgabe nach französischem Vorbild vor. „Die Hollande-Steuer wäre eine gute Basis. Fünf Prozent Steuer auf Millionenvermögen und 75 Prozent Spitzensteuersatz auf Millioneneinkommen.“

Grüne kritisieren „populistische Forderung“

Grünen-Fraktionsvize Kerstin Andreae kritisierte den Vorstoß Gabriels. „Natürlich müssen größere Vermögen stärker herangezogen werden“, sagte die Wirtschaftspolitikerin dem „Handelsblatt“. Dafür brauche es aber „nicht nur populistische Forderungen, sondern ein tragfähiges Konzept“.

Eine Neuauflage der Vermögensteuer müsse verfassungstauglich sein und vor allem „so konzipiert werden, dass Verwaltungsaufwand und Ertrag in einem vernünftigen Verhältnis stehen“, sagte Andreae. Die Grünen setzen sich für eine zeitlich befristete Vermögensabgabe ein, um gezielt Schulden abzubauen. Dazu sollen Vermögen ab einer Million Euro herangezogen werden.

Bund der Steuerzahler will keine Steuererhöhung

Die Initiative „Umfairteilen“, ein Bündnis aus Sozialverbänden, Gewerkschaften und weiteren Organisationen, hatte eine deutlich stärkere Steuerbelastung für Reiche und Vermögende verlangt. Damit sollten Staatsschulden beglichen und zudem Investitionen etwa in die Bildung und die Energiewende bezahlt werden.

Der Bund der Steuerzahler stemmte sich gegen diese Forderungen. Er sehe keinen Bedarf für eine Steuererhöhung, sagte Präsident Reiner Holznagel im Deutschlandfunk: „Die Steuerquellen sprudeln wie nie zuvor“. Es gebe auf der Einnahmenseite gar keine Probleme. Stattdessen müsse gespart werden.

Regierung sieht keinen Handlungsbedarf

Es sei überdies fraglich, ob es wirklich möglich sei, die Superreichen zu treffen. Dieses Vermögen weniger Personen sei „sehr flexibel und sehr scheu“ und werde wahrscheinlich transferiert, gab der Präsident des Bundes der Steuerzahler zu bedenken.

Auch Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sieht keinen Handlungsbedarf. „Wir haben in der großen Koalition mit der SPD ein Erbschaftssteuergesetz gemacht. Ich kann nicht erkennen, dass dieses Gesetz, das die SPD mit getragen hat, jetzt geändert werden müsse“, sagte Kauder im Deutschlandfunk.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sagte: „Eine Vermögenssteuer trifft die Falschen, nämlich vor allem den Mittelstand.“ Dem „Handelsblatt“ sagte er: „Dass Teile der SPD immer wieder in die Mottenkiste greifen wollen, hat viel mit ihren ungelösten Personal- und Sachfragen und wenig mit wirtschaftspolitischer Vernunft zu tun.“ (mit dapd)