Beim Geld hört die Freundschaft auf. Sagen die Materialisten. Nur die Liebe zählt. Sagen die Idealisten. Der große europäische Streit um die Währung ist auch eine Auseinandersetzung zwischen Materialisten und Idealisten. Der Euro rechtfertigt jeden Euro, sagen die Idealisten (die Luxemburger). Unser Geld ist uns wichtiger als der Euro, sagen die Materialisten (immer mehr Deutsche).

Materialisten sind aber auch die Bittsteller, die zunehmend zu selbstbewussten Forderern werden, die jetzt zu Deutschlands Lasten die europäische Notenpresse anwerfen wollen (die Olivenländer Italien, Spanien und Frankreich). Es ­kämpfen also nicht nur Idealisten gegen Materialisten, sondern auch Materialisten gegeneinander, zunehmend auch in den Krisenländern selbst (die Katalanen führen ihre Pleite auf die Verpflichtung zurück, für ärmere spanische Regionen ­zahlen zu müssen und denken über Eigenständigkeit nach).

Kompromiss lautet: Politik auf Sicht

Weil die Positionen zwischen beiden Denkschulen unvereinbar sind, lautet der Kompromiss: Politik auf Sicht. Zwei Jahre Euro-Rettung. Ächzend schwenken dabei die Südländer auf Sparkurs, unwirsch übernehmen die Deutschen immer größere Verpflichtungen. So kam man sich tatsächlich näher. Das große Problem: Ein Zeitloch. Geld wird schneller gebraucht, als es über Reformen hereinkommt. Und niemand weiß, wie lange das noch gut gehen kann.

Vielleicht ist das Schlimmste an der Unübersichtlichkeit der wachsende Abstand zwischen noch ­beunruhigten oder schon leidenden Bürgern einerseits und den euro­päischen Gipfel-und Finanz-Eliten andererseits. Die Sprachlosigkeit wächst. War der Abstand zwischen Völkern und Regierungen in der Nachkriegszeit schon einmal so groß wie heute?

Und wie lange halten die Beziehungen zwischen den Staaten und Völkern die wachsende Spannung aus? Länger als 60 Jahre Friede und wachsender Wohlstand in Europa. Die Älteren wissen, dass das keine Selbstverständlichkeit ist. Stehen wir vor einem geschichtlichen ­Wendepunkt? Und was ist eigentlich die Alternative? Müsste man doch solche Sätze gar nicht schreiben.