Berlin. Patienten müssen sich auf weitere Querelen in der Arztpraxis einstellen, weil Mediziner und Kassen nach wie vor über Honorare streiten. Die Verhandlungen sollen sich mindestens bis Ende März hinziehen. Derweil erwägen die Kassenärzte bereits weitere Proteste mit Blick auf die Bundestagswahl.
Patienten müssen sich auf weitere Querelen in der Arztpraxis einstellen, weil Mediziner und Kassen nach wie vor über Honorare streiten. Die Verhandlungen sollen sich mindestens bis Ende März hinziehen. Derweil erwägen die Kassenärzte bereits weitere Proteste mit Blick auf die Bundestagswahl. Von ihren Patienten Vorkasse verlangen dürfen sie aber in keinem Fall, wie Gesundheitsministerin Ulla Schmidt am Samstag bekräftigte. Das sei eindeutig rechtswidrig.
Inzwischen melden Krankenkassen Hunderte von Fällen, in denen Ärzte Kranke nur gegen Rechnung oder Bargeld behandeln wollten. Doch sind Kassenärzte verpflichtet, die Behandlung ohne Bargeld über die Versichertenkarte abzurechnen. Nur die zehn Euro Praxisgebühr beim ersten Arztbesuch im Quartal sind bar fällig.
Entzug der Kassenzulassung
Schmidt appellierte in der «Bild»-Zeitung an die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesaufsicht, dieses Prinzip strikt durchzusetzen. Den Ärzten, die sich nicht daran halten, droht schlimmstenfalls der Entzug der Kassenzulassung.
Hinter der Drohung, Patienten direkt abzukassieren, steckt der Streit über die zu Jahresbeginn gestartete Honorarreform. Obwohl insgesamt drei Milliarden Euro mehr zur Verfügung stehen als noch 2007, befürchten viele Ärzte Einbußen. Deshalb hatten sich Kassen und Ärzte am Freitag zu Nachverhandlungen getroffen, die aber kein Ergebnis brachten.
Danach erklärte der Spitzenverband der Krankenversicherung, man habe weitere Sitzungen für Mitte und Ende März vereinbart. Die Ärzte hätten Berechnungen zur Wirkung der Honorarreform vorgelegt, die nun analysiert würden. Beschlossen wurde lediglich die Ausweitung einer Übergangsregelung, die sehr starke Einbußen von Ärzten verhindern soll.
Man wolle «den Ärzten gerne dabei helfen, die innerärztlichen Probleme der Honorarverteilung zu lösen», erklärte der Kassenverband. Mehr Geld könne es aber nicht geben, zumal dies die Beitragszahler aufbringen müssten.
Ärzte erwägen «maximale Eskalation»
Die Ärzte rüsten sich nach Informationen der «Süddeutschen Zeitung» schon für den Fall, dass sie ihre Forderungen im Honorarstreit nicht durchsetzen können. Aus einer internen Präsentation des Chefs der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Köhler, zitierte das Blatt, man erwäge eine «maximale Eskalation» in mehreren Schritten bis zur Bundestagswahl.
Auftakt sollten vereinzelte Protestaktionen und die Schließung von Arztpraxen sein. In einer zweiten Stufe könnten die Vorstände der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und aller 17 Kassenärztlichen Vereinigungen ihre Ämter niederlegen, zitiert das Blatt weiter. In den Wochen vor der Wahl könnten die Ärzte dazu aufgerufen werden, ihre Praxen flächendeckend zu schließen und zu protestieren.
Köhler hatte die Honorarreform, die gesetzlich mit der Gesundheitsreform 2007 vorbereitet wurde, selbst maßgeblich mit entworfen. Eigentlich sollte sie den Medizinern mehr Geld und mehr Übersicht über ihren Verdienst bringen. Von flotierenden Punktwerten wurde umgestellt auf Euro-Beträge, zudem wurden die strikten Budgetdeckel der Ärzte etwas gelockert. Köhler musste allerdings kürzlich einräumen, dass bei vielen Ärzten weniger Geld ankommt als erwartet.
CSU will Reform stoppen
Die CSU hält unterdessen an dem Plan fest, die gesamte Reform zu stoppen. Dies sagte Generalsekretär Alexander Dobrindt dem «Tagesspiegel». Bayern dazu eine Bundesrats-Initiative gestartet, der sich noch kein anderes Land angeschlossen hat. (ap)